PreisträgerInnen 2024
Veronika Strauß
Lars Christian Kroemer
Preisträger 2023
Oliver Heutz
Florian Kitzig
Benno Matthias Pützer
Preisträger 2022
Christoph Badenheim
Johannes Block
Martin Schwamborn
Preisträger 2021
Susanne Paas
Lukas Hentzschel
Jan Niklas Bunnenerg
Preisträger 2020
Eva Rulands
Henrike von Scheliha
Christoph Jansen
Julia Hauk
Klaas Hendrik Eller
Preisträger 2019
Jan Glindemann
Elisabeth Günnewig
Karin Raude
Marc Reuter
Luna Rösinger
Preisträger 2018
David Maximilian Langenbach
Dr. David Maximilian Langenbach begann sein Studium der Rechtswissenschaften im Wintersemester 2009 an der Universität zu Köln. Nach seinem ersten juristischen Staatsexamen im Jahr 2014 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Frau Prof. Dr. Grunewald am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln und absolvierte während dieser Zeit einen Forschungsaufenthalt an der Faculty of Law der Eötvös-Loránd-University of Budapest.
Unter der Betreuung von Frau Prof. Dr. Grunewald promovierte er zu dem Thema „Der Versammlungsleiter in der Aktiengesellschaft – Zurückweisungskompetenz – Abwahl – Haftung“. Die Arbeit wurde mit dem Promotionspreis 2018 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät ausgezeichnet.
Interviewfragen:
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Bereits während meines Studiums ging mein Interesse in vielen Rechtsgebieten über den Pflichtfachstoff des Examens hinaus und ich habe mich oft mit meinen Freunden in unzähligen Diskussionen über juristische Probleme verloren. Besonders interessant fand ich das Gesellschaftsrecht, nur blieb angesichts des Examensstresses leider nur wenig Zeit, diesem Interesse vertieft nachgehen zu können. Hinzu kam, dass ich neugierig war, wie die Arbeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Lehrstuhl aussehen und mir gefallen würde. Die Verknüpfung mit einer Promotion schien mir dabei besonders geeignet, einen guten Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten, die Lehre und die Mitarbeit an einer Universität erlangen zu können. Nicht zu guter Letzt wollte ich nach dem Lernstress des ersten Examens zunächst einmal etwas anderes machen, als mich sofort in das Referendariat und das zweite Examen zu stürzen.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Das erste Mal habe ich mit dem Gedanken an eine Promotion gespielt, als ich in der Vorbereitung auf mein erstes Staatsexamen war. Konkretisiert hat sich das Vorhaben dann, nachdem ich meine Prüfungen absolviert hatte.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Von einem Kommilitonen habe ich damals erfahren, dass am Lehrstuhl von Frau Prof. Dr. Grunewald eine Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter mit der Möglichkeit zur Promotion frei wurde. Da die wirtschaftsrechtliche Ausrichtung des Lehrstuhls genau das war, was ich mir für eine Promotion vorgestellt hatte und ich sehr gerne mit Frau Grunewald zusammenarbeiten wollte, passte das super.
Die Themenfindung war anfangs natürlich schwierig. Nachdem ich mich in viele Probleme eingelesen (und wieder „ausgelesen“) hatte, brachte mich ein Gespräch mit einem dem Lehrstuhl verbundenen Praktiker dem Themenkomplex „Hauptversammlung“ näher. Bei meinen diesbezüglichen Recherchen bin ich dann auf ein Urteil zur Haftung des Versammlungsleiters gestoßen. Von dort an ist das Thema nach und nach gewachsen und hat sich entwickelt.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe die Dissertation vor dem Referendariat und während meiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter geschrieben.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Um ehrlich zu sein, hat sich mein eigener Anspruch an meine Arbeit während des Promotionsvorhabens mehrfach geändert. Während man am Anfang vielleicht davon träumt, etwas „Besonderes“ zu entwickeln, holt einen die Realität schnell wieder ein und man gibt sich zwischenzeitlich auch mal mit dem bloßen Abschluss der Arbeit zufrieden. Nichtsdestotrotz war es immer mein Ziel, einen fortschrittlichen Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs zu leisten und den von mir aufgeworfenen Problemkomplex interessengerecht und sinnvoll aufzulösen, um auch der Praxis Lösungen anbieten zu können.
6. Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine gute Dissertation aus?
Das ist schwer zu sagen, da es so viele unterschiedliche Formen gibt. Allgemein zeichnet sich eine gute Dissertation meines Erachtens aber dadurch aus, dass sie einen sinnvollen Beitrag zur Fortentwicklung des Rechts leistet. Dabei besteht eine Herausforderung auch darin, eine komplexe und vielschichtige juristische Fragestellung zu bearbeiten, dabei aber verständlich und klar zu bleiben und den Bezug zur Praxis nicht zu verlieren.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Als besonders positiv habe ich empfunden, dass ich während meiner Promotion die Möglichkeit und vor allem die Zeit hatte, mich einmal völlig unvoreingenommen und frei mit einem Thema, das mich wirklich interessiert, intensiv beschäftigen zu können und etwas „Eigenes“ zu erschaffen. Das gilt natürlich zuvorderst für das originäre Thema meiner Arbeit, nichtsdestotrotz habe ich es aber auch als überaus bereichernd empfunden, mich links und rechts daneben mit angrenzenden Problematiken auseinandersetzen zu können. Darüber hinaus habe ich, obwohl die Promotionsphase gemeinhin als eine eher einsame Zeit gilt, den regen Diskurs mit meiner Doktormutter und meinen Kolleginnen und Kollegen immer sehr genossen.
So schön diese Freiheiten sind, so sehr haben sie für mich als wissenschaftlicher Nachwuchs aber auch eine große Herausforderung dargestellt, da man oft nicht weiß, wo man steht. Vor allem, wenn es einmal nicht so gut läuft oder man von dem eigenen Thema und der Arbeit manchmal nicht besonders überzeugt ist, kann man schon einmal ins Zweifeln kommen. Aber auch das dafür nötige Durchhaltevermögen und die Selbstdisziplinierung sind wichtige Erfahrungen, die ich nicht missen möchte.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Dadurch, dass ich von Beginn meiner Promotionsphase an in die wissenschaftliche Arbeit am Lehrstuhl und die Lehre der Universität eingebunden war, habe ich mich auch bezüglich meiner Promotion weniger als Student und eher als junger Wissenschaftler gefühlt. Mein privates (nichtjuristisches) Umfeld, das mich in diesem Kontext nicht kannte, hat das wohl eher anders gesehen.
9. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten tragen Ihrer Meinung nach zum erfolgreichen Gelingen des Promotionsvorhabens bei?
Meines Erachtens sind ein echtes wissenschaftliches Interesse und Spaß an wissenschaftlicher Arbeit erforderlich für das erfolgreiche Gelingen einer Dissertation. Daneben braucht es analytisches Denkvermögen, sprachliches Geschick und Selbstdisziplin.
10. Gibt es etwas, das Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Nein.
11.Haben Sie vielleicht „Geheimtipps“ zur Motivationssteigerung und zum Umgang mit Selbstzweifeln und „Tiefphasen“ während der Promotion?
In meinen Tiefphasen habe ich vor allem das Gespräch zu meinen Kolleginnen und Kollegen und meiner Betreuerin gesucht und bin offen mit meinen Zweifeln umgegangen. Zusätzlich habe ich mir als große Gesamtmotivation eine längere Reise nach der Promotion vorgenommen.
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Obwohl es wichtig und unerlässlich ist, zu Beginn des Promotionsvorhabens eine gründliche und umfassende Literaturrecherche zu betreiben, sollte man meines Erachtens nicht allzu lange damit warten, etwas zu Papier zu bringen. Gerade der Anfang stellt oftmals eine große Hürde dar. Da man aber ohnehin erst seinen eigenen Stil und eine Linie finden muss, werden die ersten Seiten meist überworfen. Ist der Bann des Losschreibens aber erst einmal gebrochen, fällt das Formulieren viel leichter. Darüber hinaus habe ich die Erfahrung gemacht, dass man sich anfangs nicht allzu sehr auf die Suche nach einem punktgenauen Thema oder gar einem konkreten Titel seiner Arbeit versteifen sollte. Die Arbeit entwickelt sich stetig fort und viele Fragestellungen bilden sich erst nach und nach während des Entstehungsprozesses der Arbeit heraus. Um seine bisherigen Gedanken aber erst einmal zu strukturieren und sich eines Forschungsbedarfs bewusst zu werden, hat es mir sehr geholfen, ein Exposé zu erstellen.
Benjamin Fadavian
Dr. Benjamin Fadavian studierte Rechtswissenschaften in Köln und legte 2015 das erste Staatsexamen ab. Hiernach war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Staatsphilosophie und Rechtspolitik der Universität zu Köln (Direktor: Prof. Dr. Otto Depenheuer) tätig. 2017 wurde er mit einer Arbeit über die verfassungsrechtlichen Grenzen interkommunaler Zusammenarbeit zum Dr. iur. promoviert. Die Arbeit wurde mit dem Fakultätspreis der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln sowie des Vereins zur Förderung der Rechtswissenschaft ausgezeichnet. Seit 2017 ist er Rechtsreferendar im Landgerichtsbezirk Aachen.
Interviewfragen:
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Die Anfertigung einer Dissertation ermöglicht einem Menschen wie kein anderes Projekt, sein eigenes wissenschaftliches Können und damit auch ein Stück sich selbst kennen zu lernen. Das langfristige Beschäftigen mit einem Thema, das tiefe Eintauchen in komplexe Zusammenhänge, das Herausfiltern einer eigenen wissenschaftlich begründeten These und nicht zuletzt das Überführen der eigenen Gedanken in nachvollziehbare und klare Sprache – all dies sind Tätigkeiten, die einem eine Promotion abverlangt. Ich wollte wissen, ob ich das Zeug dazu hatte.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Der Wunsch, zu promovieren, kam sukzessive. Ein konkretes Datum kann ich nicht ausmachen. Während des Studiums habe ich gemerkt, dass mich das Anfertigen einer vertretbaren Falllösung allein häufig nicht befriedigt hat. Ich wollte über viele Themen, die man in einer Klausur nur anreißen kann, mehr erfahren und habe mich beim Lernen häufig dabei erwischt, in bestimmte Fragestellungen für die spätere Klausurbearbeitung viel zu tief einzutauchen. Während des Studiums habe ich dann auch die Seminare (etwa die Seminare der Hanns-Martin-Schleyer-Stiftung, die Veranstaltungen der Stiftung der Deutschen Wirtschaft oder auch das Schwerpunktbereichsseminar) am meisten genossen.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Meinen Betreuer, Herrn Prof. Depenheuer, kannte ich aus diversen Vorlesungen. Wir waren zwar in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung, haben uns aber sehr geschätzt. Ich habe von ihm ungemein viel gelernt und als sich die Möglichkeit ergab, an seinem Lehrstuhl zu arbeiten und zu forschen, war für mich klar, dass ich das machen wollte.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe nach dem ersten Staatsexamen mit dem Promotionsvorhaben begonnen und noch vor Eintritt in den Referendardienst die schriftliche Arbeit abgegeben. Die Disputation fiel dann schon in die Zeit des Referendariats. Während des Promotionsvorhabens habe ich am Lehrstuhl von Prof. Depenheuer als Wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet – eine unglaublich schöne und bereichernde Zeit.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Mir war es wichtig, eine Arbeit zu schreiben, die wissenschaftlich sauber und fundiert ist und die dabei gleichzeitig interessant und sprachlich klar bleibt.
6. Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine gute Dissertation aus?
Ich denke, dass eine gute Dissertation in der Lage sein sollte, Interesse für das von ihr behandelte Thema zu wecken. Aus einer guten Dissertation sollte ein Geist sprechen.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Besonders prägend war sicherlich der Grad an Disziplin, den man walten lassen musste. Darüber hinaus war es eine wichtige Erfahrung, wissenschaftlich in gewisser Weise auf sich selbst gestellt zu sein. Man kann ja schließlich nicht bei jedem zweifelhaften Gedanken zu seinem Betreuer rennen.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Ich sehe zwischen Promotionsstudent und Wissenschaftler keinen Unterschied.
9. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten tragen Ihrer Meinung nach zum erfolgreichen Gelingen des Promotionsvorhabens bei?
Neugier, Wille, Disziplin.
10. Gibt es etwas, das Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Im Großen und Ganzen nicht.
11. Haben Sie vielleicht „Geheimtipps“ zur Motivationssteigerung und zum Umgang mit Selbstzweifeln und „Tiefphasen“ während der Promotion?
Tipps zu geben, ist in einer Angelegenheit wie einer Promotion sicherlich sehr schwer. Ich fand auch die Tipps, die einem im Studium von allerlei Seiten gegeben wurden, nicht immer nur hilfreich, denn schließlich tickt doch jeder Mensch sehr anders. Allgemein würde ich jedoch sagen, kommt es bei einer Promotion darauf an, die Selbstzweifel und Tiefphasen als notwendigen Bestandteil der Promotion zu akzeptieren, ohne ihnen deshalb zu breiten Platz einzuräumen.
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Ich würde ihm empfehlen, ein Exposé zu verfassen (sofern noch nicht geschehen). Mein Betreuer hat mir dies zu Beginn meines Promotionsvorhabens gegen meinen damaligen Willen aufgetragen. Die strukturelle Orientierung, die mir dieses Exposé das gesamte Promotionsvorhaben lang gegeben hat, hat den Zeitaufwand, den die Erstellung desselben gekostet hat, bei Weitem überwogen.
Lina Rolffs
Dr. Lina Rolffs LL.M. (Cape Town) studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln mit Studienaufenthalt an der Université Paris 1 (Panthéon-Sorbonne) und arbeitete erst als Studentische, später als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht und Europäische Privatrechtsentwicklung der Universität zu Köln. Ihr daran anschließendes Master-Studium an der University of Cape Town schloss sie 2010 mit Auszeichnung ab. Das Rechtsreferendariat absolvierte sie im OLG-Bezirk Köln mit Stationen an der deutschen Botschaft in Tel Aviv und beim European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin. Von 2012 bis 2017 war sie Rechtsanwältin bei der Freshfields Bruckhaus Deringer LL.P. und promovierte unter der Betreuung von Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Claus Kreß LL.M. (Cambridge) zum Thema „Angriff auf Friedensmissionen als Straftatbestand im Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs“. Die Arbeit wurde mit dem Promotionspreis 2017 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät ausgezeichnet. Seit 2017 ist Lina Rolffs bei der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) tätig.
Interviewfragen:
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Ich glaube ein Punkt war, dass ich die Einschränkungen des Berufslebens noch eine Zeitlang vermeiden wollte. Das ist ja noch lang genug, dachte ich mir. Mit dem Berufseinstieg habe ich damals auch eine Begrenzung der persönlichen Freiheit und eine Festlegung empfunden, die einem andere Türen verschließt. Auch wenn ich das heute ein bisschen anders sehe, war die Erstellung der Dissertation noch mal eine längere Phase der Abwechslung, in der ich mich in meinem eigenen Rhythmus ganz auf ein selbst ausgewähltes, spannendes Thema konzentrieren wollte.
Daneben spielte natürlich auch die weitere Qualifikation noch eine Rolle. Der Doktortitel zeigt, dass man über den Tellerrand des Examens und der Praxis hinausdenken kann, wissenschaftlich qualifiziert ist und Großprojekte eigenständig zu einem erfolgreichen Ende bringen kann.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Als studentische Hilfskraft an einem Lehrstuhl erscheint einem das fast als selbstverständlicher Schritt. Da ich gerade in dieser Zeit immer wieder mit der Möglichkeit einer Promotion konfrontiert wurde, ist auch damals schon der Entschluss gereift, dass das auch für mich der richtige Weg ist.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Während meines Masterstudiums habe ich mich viel mit Völkerrecht und Völkerstrafrecht beschäftigt und wusste, dass ich in diesem Bereich weiterforschen wollte. Da fiel die Wahl des Betreuers natürlich nicht schwer - mit Prof. Kreß hatte ich ja gleich hier in Köln einen der renommiertesten Völkerstrafrechtler. Ich bin auf ihn erst mal mit einem Themenvorschlag zugegangen, der mir in meiner Zeit in Südafrika gekommen war. Darüber haben wir gemeinsam gesprochen, sind aber auf der Basis seines Überblicks über den aktuellen Forschungsstand zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine Dissertation zu diesem Thema nicht gut realisieren lassen würde. Prof. Kreß hat mich dann auf den Forschungsbedarf in verschiedenen anderen Bereichen aufmerksam gemacht und bei meinem Themenbereich hat mir die Kombination aus politischen, völkerrechtlichen und völkerstrafrechtlichen Elementen gleich gefallen.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Irgendwie beides. Nach dem Studium habe ich mit einem selbstgewählten Thema und einem sehr ambitionierten Zeitplan zu promovieren begonnen, bevor ich zum Masterstudium nach Südafrika aufgebrochen bin. Dort habe ich schnell gemerkt, dass ich in anderen Themenbereichen sehr viel motivierter war – und dadurch wahrscheinlich auch besser. Die Entscheidung, die Promotion zu diesem ersten Thema abzubrechen und stattdessen erst einmal ins Referendariat zu gehen ist mir nicht leicht gefallen. Vielleicht wollte ich auch deshalb nach dem zweiten Examen noch zu einem anderen Thema promovieren. Ich habe dann meinen neuen Arbeitgeber gebeten, mich für mein Promotionsvorhaben freizustellen. Die Kanzlei ist mir da sehr entgegen gekommen und so konnte ich für einen längeren Zeitraum meine ganze Arbeitskraft auf die Dissertation verwenden. Zum Schluss habe ich aber auch noch einiges berufsbegleitend machen müssen, das hat dann natürlich Zeit gekostet.
Nachdem ich beide Situationen erlebt habe, kann ich sagen, dass es für mich nach dem Referendariat und einer kurzen Zeit im Berufsleben sehr viel leichter war eine solche Arbeit zu schreiben als unmittelbar nach dem Studium. Man lernt in dieser Zeit doch noch einmal sehr viel dazu, vor allem was das Schreiben und eine eigenständige und effiziente Arbeitsweise angeht. Außerdem hat man als Volljurist natürlich ganz andere Möglichkeiten sich zu finanzieren.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Meine Vorstellung zu Beginn war es, einen sehr ausführlichen Kommentar zu meinem Tatbestand zu schreiben. Die Arbeit sollte vor allem in sich stimmig und wissenschaftlich sauber werden.
6. Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine gute Dissertation aus?
Eine Dissertation ist eine wissenschaftliche Arbeit und sollte dementsprechend auch einen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion zu leisten. Das muss nicht immer der große Wurf sein – wahrscheinlich kann es das heutzutage sogar in den meisten Rechtsbereichen gar nicht mehr sein. Aber auch eine Analyse des bestehenden Forschungsstandes kann eine neue Ordnung oder einen neuen Blickwinkel in die Diskussion bringen. In vielen Bereichen ist das schon viel wert! Wie groß der Beitrag sein kann, das ergibt sich ohnehin erst im Laufe der Zeit. Eine gute Dissertation zeichnet sich meines Erachtens aber auch durch eine gute Struktur und Verständlichkeit aus.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Man muss in dieser Zeit sehr viel mit sich selbst ausmachen. Das betrifft Fluch und Segen der freien Zeiteinteilung, aber auch inhaltlich den ständigen Versuch seinen eigenen Ansprüchen zu genügen ohne sich zu sehr in Nebensächlichkeiten zu verlieren. Wenn man ein neues Problem angeht und die vielen mehr oder weniger klugen Beiträge auf der Grundlage von unausgeprochenen und/oder unverständlichen Prämissen liest, kann man sich manchmal ganz schön dumm vorkommen. Dieser Kampf mit der Materie kann aber auch besonders fruchtbar sein und dann ist es natürlich umso erfreulicher, einen Themenbereich „geknackt“ und die eigenen Gedanken zu Papier gebracht zu haben.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Wohl weder noch. Ich habe meine Arbeit zu einem Großteil im Büro der Kanzlei geschrieben, die mich dafür freigestellt hatte. Von meinem dortigen Umfeld wurde ich vor allem als Kollegin gesehen, die gerade den Luxus hat, ihre ganze Arbeits- und Denkkraft einem wissenschaftlichen Thema zu widmen. So habe ich mich dann auch selbst wahrgenommen.
9. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten tragen Ihrer Meinung nach zum erfolgreichen Gelingen des Promotionsvorhabens bei?
Um überhaupt fertig zu werden: Selbstdisziplin, Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, an manchen Stellen auch mal einen Schlussstrich zu ziehen. Für die Kür: Struktur, Kreativität und das richtige Maß an Selbstbewusstsein.
10. Gibt es etwas, das Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Ich würde das Promotionsvorhaben rückblickend wahrscheinlich gleich auf die Zeit nach dem Referendariat verschieben. Auch die letzten Arbeiten neben einem anspruchsvollen Vollzeitjob durchführen zu wollen, war keine gute Idee. Überhaupt habe ich den Aufwand in der Schlussphase ein bisschen unterschätzt.
11.Haben Sie vielleicht „Geheimtipps“ zur Motivationssteigerung und zum Umgang mit Selbstzweifeln und „Tiefphasen“ während der Promotion?
Leider nein. Ich glaube, dass das Mittel der Wahl sehr stark personen- und situationsabhängig ist. Manchmal tut es gut, erst einmal etwas völlig anderes zu machen, manchmal muss man auch einfach durchhalten. Diese Phasen und der persönliche Umgang damit sind ja auch Teil der Genese einer größeren Arbeit und der damit verbundenen Qualifikation. Mit jeder überwundenen Tiefphase wächst man quasi ein Stückchen.
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Die Auswahl des Themas ist ein entscheidender Punkt, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Hier kann der Doktorvater/die Doktormutter sicherlich von großer Hilfe sein. Wichtig ist vor allem, dass einem das Thema Spaß machen kann und dass man sich nicht zu viel vornimmt. Bei näherer Betrachtung ist jedes Thema komplexer als es auf den ersten Blick scheint. Hilfreich ist es außerdem, sich schon frühzeitig eine Gliederung zu überlegen und das große Ganze in lauter kleine Häppchen zu unterteilen, für die man sich besser einen Zeitplan machen kann. Auch wenn Struktur und Zeitplan natürlich immer wieder überarbeitet und angepasst, am Ende vielleicht sogar noch einmal völlig über den Haufen geworfen werden müssen.
Preisträger 2017
Jan Jakob Bornheim
Jan Jakob Bornheim studierte Amerikanistik, Volkswirtschaftslehre und Rechtswissenschaften, zunächst an der Freien Universität Berlin, sodann an der Universität zu Köln, sowie für ein Auslandsjahr an der Université Paris I Panthéon-Sorbonne. Nach dem ersten Staatsexamen im Jahr 2009 absolvierte er ein LL.M.-Studium an der University of Toronto in Kanada und kehrte danach als Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Herrn Prof. Dr. Mansel am Institut für internationales und ausländisches Privatrecht an die Universität zu Köln zurück. 2011 begann er sein Referendariat mit Stationen unter anderem beim Supreme Court of the United Kingdom. Das zweite Staatsexamen legte er 2013 ab. Die Disputation seiner Dissertationsschrift über „Bijuralism and Property Rights“ erfolgte im Jahr 2016. Seit 2015 ist er als Lecturer an der University of Essex in England tätig.
Interviewfragen:
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Da ich mich für eine akademische Stelle entschieden habe, war die Dissertation Berufsvoraussetzung, aber schon vorher hat mich die Idee, mich vertieft mit einem Thema meiner Wahl beschäftigen zu dürfen, gereizt.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Durch den Schwerpunkt habe ich gemerkt, dass die vertiefte Beschäftigung mit einem Thema – auch mal losgelöst vom konkreten Rechtsstreit – mich interessiert.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Meine Arbeit behandelt die Frage, inwieweit Kanada als Beispiel für gelungene Interaktion von verschiedenen Rechtssystem dienen kann, und was typische Probleme einer solchen Interaktion sind. Mein Interesse an Kanada stammt aus meiner Zeit als Amerikanistikstudent. Es mag gut sein, dass ich damals die Seminare mit Kanadaschwerpunkt opportunistisch nur danach ausgewählt habe, wo die geringeren Teilnehmerzahlen waren, aber es war jedenfalls spannend genug, dass ich geblieben bin. Die Wahl des Betreuers ergab sich schon zwanglos daraus, dass ich nach dem Schwerpunkt im internationalen Privat-, Wirtschafts- und Verfahrensrecht als studentische Hilfskraft bei Herrn Professor Mansel begonnen hatte.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Begonnen habe ich kurz vor dem Referendariat und beendet nach dem Referendariat. Das hat sich in Retrospektive nicht als sonderlich glückliche Zeitplanung erwiesen, weil die doppelte Belastung doch schwerer wog, als ich es optimistisch gedacht hatte.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Erstens: keine peinlichen Fehler machen. Meine Dissertation beschäftigte sich sehr umfangreich mit andere Rechtssystem, und ich hatte die beständige Angst, die Grundlagen des anglo- oder frankokanadischen Rechts falsch darzustellen. Diese Angst hatte aber auch seine positiven Seiten – ich habe mich sehr intensiv mit diesen Grundlagen beschäftigt und profitiere davon heute noch. Zweitens habe ich versucht, die deskriptive Darstellung des ausländischen Rechts nicht als Selbstzweck zu betreiben, sondern alles darauf zu hinterfragen, ob es zur These und zur Analyse des Werkes etwas beiträgt.
6. Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Sie sollte dem Leser verständlich eines oder mehrere Probleme aufzeigen und wenn möglich sogar eine normativ wünschenswerte Lösung einer oder mehrerer Probleme anbieten. Ob Letzteres möglich ist, wird sicherlich vom Thema abhängen.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Die Erkenntnis, dass es möglich ist, sich ein eigenes Thema zu setzen, und in – hoffentlich – sinnvoller und erkenntnisbringender Weise sich damit zu beschäftigen war eine positiv prägende Erfahrung.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Im Idealfall gibt es wahrscheinlich keine Unterschiede zwischen den beiden. Die weiterhin bestehende Einbindung in die Universität hat dazu geführt, dass ich mich wie ein Student gefühlt habe, aber das hat sich immer noch nicht geändert. Was den Anspruch an die eigene Arbeit anbelangt, sollte man aber wohl keine Unterschiede machen.
9. Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Die Diskussion kann für die eigene Arbeit nur positiv sein. Letztendlich ist das Tabu gegen Plagiate ja kein Selbstzweck. Neben dem Respekt vor der geistigen Leistung des anderen habe ich es so empfunden, dass die eigene Angst, den anderen nicht „aus Versehen“ zu plagiieren, mich auch dazu zwingt, analytischer und weniger rein reproduktiv zu arbeiten. Wenn ich nicht nur blind abschreibe, was andere bereits geschrieben habe, bin ich eigentlich dazu gezwungen, eine eigene Leistung zu erbringen. Gedanken anderer zugänglicher auszudrücken (aber natürlich korrekt zitiert), oder in einen neuen Kontext zu bringen, ist auch bereits ein nicht zu unterschätzender Wert.
10. Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Neugier und Ausdauer.
11. Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Wie bereits oben angedeutet würde ich die Dissertation entweder vor oder nach dem Referendariat anfertigen. Ich habe gemerkt, dass das Arbeiten nach dem zweiten Staatsexamen den Vorteil hatte, dass man von einem gewissen Ballast befreit ist, und sei es nur, dass die Feinheiten des Waffenrechts für mich in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr von Belang sein werden. Das Anfertigen vor dem Referendariat hat natürlich den Vorteil, dass man
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Das folgende ist kein allgemeiner Ratschlag, da Rechtswissenschaft mehr Arbeit am Text ist, als Experimentalphysik, aber in Jura sollte man am besten, bevor man mit der Literaturrecherche und -auswertung beginnt ein System haben, das sicherstellt, dass nichts von dem Gelernten verloren geht. Ich habe eine Menge Literatur im Laufe der Zeit gelesen, und bei vielem wusste ich vorher noch nicht, an welcher Stelle der Dissertation das Gelesene wichtig wird. Ich habe aber eigentlich alles Gelesene und alles von mir Geschriebene verschlagwortet; so manchen Artikel habe ich erstmal ausgewertet, ohne dass bereits an konkreter Stelle in der Dissertation einzufügen. Ich habe Software genutzt, um meine Gedankenfetzen und die recherchierte und gelesene Literatur zu verschlagworten, aber man kann das natürlich auch per Hand machen. Wichtig ist, dass man ein System hat, mit dem man selber gut arbeiten kann. Die Gliederung meiner Arbeit war ständiger Evolution unterworfen, und manches hat letztendlich auch nicht den Weg in die endgültige Arbeit gefunden, aber nichts von dem Wissen, das ich mir erarbeitet habe, ist verloren gegangen.
Leonhard Gehlen
Leonhard Gehlen LL.M. studierte Rechtswissenschaften zunächst an der Universität zu Köln sowie an der Université Paris 1 (Panthéon-Sorbonne) im Rahmen des deutsch-französischen Magisterstudiengangs. Ab 2010 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht und Europäische Privatrechtsentwicklung (Prof. Dr. Dauner-Lieb). Nach dem ersten Staatsexamen Ende 2012 promovierte er bei Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel zum Thema „Die Strafbarkeit von Geschäftsleitern nach § 54a KWG – Zugleich ein Beitrag zur strafrechtlichen Behandlung von Bankenkrisen“. Die Arbeit wurde mit dem Promotionspreis 2017 für Strafrecht der Rechtwissenschaftlichen Fakultät ausgezeichnet. Im März 2017 legte Leonhard Gehlen sein zweites Staatsexamen ab. Während des Referendariats war er unter anderem in einer internationalen Großkanzlei sowie für die Deutsche Botschaft in London tätig.
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Es gab verschiedene Beweggründe für eine Promotion. Einer davon lag darin, dass ich vor dem ersten Staatsexamen bereits rund sechs Jahre studiert hatte und eine Auszeit nehmen wollte vom langjährigen Rhythmus „Lernen, Anwenden, auf den Prüfstand stellen lassen“. Daneben fand ich es reizvoll, mich einmal vertieft rechtlichen Fragestellungen zu widmen und nicht nur an der (klausurrelevanten) Oberfläche zu kratzen. Schließlich noch erlaubte es mir die Promotion, Rechtsgebiete zu erkunden, die in der universitären Ausbildung und auch im Referendariat keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Während der Vorbereitung auf das erste Staatsexamen reifte in mir der Entschluss, zu promovieren, sollte sich die Möglichkeit dazu bieten.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Ich arbeitete zu Beginn der Promotion bereits seit längerem an einem zivilrechtlichen Lehrstuhl, hegte zugleich jedoch eine gewisse Leidenschaft auch für das Strafrecht. Insofern war die Promotion eine gute Gelegenheit, sich inhaltlich noch einmal zu verändern. Den entscheidenden Impuls bei der Themensuche gab schließlich mein späterer Doktorvater, der mir die Bearbeitung eines aktuellen Themas aus dem Bereich des Wirtschaftsstrafrechts vorschlug.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe im Wesentlichen vor dem Referendariat promoviert. Geplant war ursprünglich, die Dissertation vor Beginn des Referendariats einzureichen. Dies hat leider nicht geklappt, sodass ich einen nicht unerheblichen Teil der Arbeit noch während des Referendariats geleistet habe – ein Modell, das ich nicht empfehlen kann.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Mein Anspruch lag darin, eine wissenschaftlich fundierte und gut lesbare Dissertation zu verfassen. Über die Bewertung der Arbeit machte ich mir keine Gedanken.
6. Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Eine jede Dissertation sollte meines Erachtens nach einen Beitrag zur Fortentwicklung des Rechts leisten. Im Idealfall sollte man sich nicht damit begnügen, Bestehendes zu analysieren sondern es kritisch zu hinterfragen und schließlich einen eigenen Standpunkt zu entwickeln. Diesen gilt es in einer Art und Weise darzustellen, die nicht unnötig verkompliziert, zugleich aber der Vielschichtigkeit und Komplexität der Materie gerecht wird. Diesen Balanceakt gilt es in jedem einzelnen Satz zu meistern.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Eine große Herausforderung waren für mich die Selbstorganisation und Selbstdisziplin. Beides wird bereits in der Examensvorbereitung auf die Probe gestellt, fällt vielen (und so auch mir) aber noch einmal schwerer, wenn man auf sich alleine gestellt ist. Promovieren kann mitunter zäh sein – etwa wenn man im dritten Kapitel unter I 1. a) (2) cc) an Fußnote 419 feilt. Am Ende aber ergibt die ganze kleinteilige Arbeit ein zusammenhängendes Ganzes und ein wirklich eigenes Produkt. Dafür lohnt es sich durchzuhalten.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Eher als Wissenschaftler. Auch wenn ich die Vorzüge des Status eines Promotionsstudenten gerne genossen habe.
9. Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Diese Diskussion war und ist wichtig. Da man die allermeisten wissenschaftlichen Arbeiten mangels entsprechender Fachkenntnis nicht selber überprüfen kann, beziehen wissenschaftliche Aussagen einen Großteil ihrer Legitimation aus Vertrauen, das man der Wissenschaft entgegenbringt. Dieses Vertrauen fußt auf der Redlichkeit der Autoren, der Gewissheit, dass diese angemessen kontrolliert werden, sowie auf der Zuverlässigkeit der angewandten Methoden. Sauberes wissenschaftliches Arbeiten, der ordnungsgemäße Umgang mit Quellen und die Betrachtung einer Problematik aus verschiedenen Blickwinkeln sind in ihrer Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen – insbesondere in Zeiten von „fake news“.
10. Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Über Ausdauer, einen kritischen Geist und Freude an Sprache.
11. Gibt es etwas, das Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Wie bereits erwähnt würde ich die Arbeit vor dem Beginn des Referendariats fertigstellen. Auch würde ich mir gründlicher überlegen, ob es tatsächlich ein aktuelles Thema sein muss. Ständige Gesetzesänderungen, Stellungnahmen und Veröffentlichungen können einen zermürben. Hier hat Vorteile, wer etwa im römischen Recht promoviert.
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Sich ehrlich zu fragen, weshalb er / sie diese Arbeit in Angriff nehmen möchte. Und falls er / sie sich für eine Promotion entscheidet, sollte genügend Zeit auf die Themensuche verwendet werden. Sie ist die entscheidende Weichenstellung für die kommenden Jahre.
Dr. Gunnar Greier
Dr. Gunnar Greier trat nach Studium und Referendariat in Köln im Jahr 1997 in den Justizdienst des Landes Nordrhein-Westfalen als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Köln ein. Nach zwischenzeitlicher Abordnung an die Generalstaatsanwaltschaft Köln wurde er im Juli 2011 zum Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Köln ernannt und mit der Leitung einer Abteilung für Wirtschaftsstrafsachen betraut. Seit Juli 2015 ist Dr. Gunnar Greier an das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf abgeordnet.
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
In meiner beruflichen Praxis hatte sich ein Thema ergeben, das wissenschaftlich nur wenig aufgearbeitet schien. Aus der ursprünglichen Überlegung, dieses Thema zum Gegenstand eines Beitrags für eine Fachzeitschrift zu machen, entstand dann die Idee, das nach Abschluss des Studiums nicht durchgeführte Promotionsvorhaben anzugehen.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Erste Überlegungen, die jedoch über eine allgemeine Themensuche nicht hinausgingen, hatte ich schon nach dem Studium und dann erneut nach dem Referendariat angestellt. Mit Blick auf das Referendariat bzw. später den Einstieg in das Berufsleben habe ich die Promotion aber damals nicht weiter verfolgt.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Mein Studium lag zu Beginn der Suche bereits einige Jahre zurück, daher habe ich mich an den Forschungsschwerpunkten der Professoren orientiert. Weitere wertvolle Hinweise erhielt ich von einem damals am Lehrstuhl tätigen Bekannten.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe das Vorhaben berufsbegleitend durchgeführt.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Mein Ziel war es, das eher praktisch relevante Thema wissenschaftlich aufzuarbeiten und damit im Idealfall die Grundlage für eine einheitlichere Handhabung durch die Praxis zu schaffen.
6. Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Eine Dissertation sollte m. E. die Relevanz des gewählten Themas deutlich herausarbeiten, einen bisher nicht oder nicht hinreichend betrachteten Aspekt weiterentwickeln und dabei die Frage der praktischen Relevanz nicht aus den Augen verlieren.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Die Gelegenheit, sich mit den verschiedenen Facetten eines Themas intensiv befassen zu können, war eine sehr positive und immer wieder motivierende Erfahrung. Problematisch war die zeitliche Komponente. Die Arbeit an meiner Dissertation unterlag immer wieder einer eigenen Dynamik, die es kaum möglich machte, vorher festgelegte Zeitpläne einzuhalten.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Diese Frage hat sich mir nicht gestellt. Da ich dem Studentenalter dann doch schon einige Jahre entwachsen war, würde ich mich rückblickend eher als forschenden Praktiker ansehen.
9. Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Die Diskussion hat dazu geführt, die besonderen Anforderungen an Dissertationen und Doktoranden stärker in den Fokus zu rücken. Allen Beteiligten dürfte verdeutlicht worden sein, welch hohe Bedeutung ein stringentes wissenschaftliches Arbeiten für die Akzeptanz der Promotion hat.
10. Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Neugierde und Beharrlichkeit haben mir weitergeholfen. Man sollte zudem bereit sein, eigene - liebgewonnene - Arbeitsergebnisse kritisch zu hinterfragen. Insbesondere eine berufsbegleitende Promotion erscheint mir jedoch ungeachtet persönlicher Fähigkeiten ohne Unterstützung des Umfelds nicht denkbar.
11. Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Im Großen und Ganzen: Nein.
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Ohne ein nachhaltiges Interesse an dem Promotionsthema dürfte es schwierig werden, in den mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Phasen nachlassender Motivation das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Daher sollten angehende Doktorandinnen und Doktoranden sich genügend Zeit bei der Suche nach einem für sie geeigneten Thema nehmen.
Dr. Goetz Kempelmann
Dr. Goetz Kempelmann studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg im Breisgau und Münster. Nach dem ersten Staatsexamen 2013 verfasste er unter Betreuung von Frau Prof. Johanna Hey seine Dissertation mit dem Titel „Der Gesamtplan im Steuerrecht“ und wurde in 2016 promoviert. Die Arbeit wurde im Oktober 2016 mit dem Klaus-Tipke Dissertationspreis des Vereins der Kölner Steuerrechtswissenschaft und im Februar 2017 mit dem Promotionspreis der Rechtswissenschaftlichen Fakultät für Öffentliches Recht ausgezeichnet. In dieser Zeit schloss Herr Kempelmann zugleich den Masterstudiengang „International Taxation“ (M.I.Tax) an der Universität Hamburg ab. Von 2015 bis 2017 absolvierte er seinen juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf und führt ab 2017 einen LL.M.-Studiengang an der Harvard University durch.
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Ich empfinde wissenschaftliches Arbeiten als eine wesentliche Aufgabe des Juristen. Ich wollte Recht nicht einfach nur unreflektiert anwenden, sondern auch darüber nachdenken, wie man die Rechtsanwendung an einzelnen Stellen verbessern kann.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Recht früh.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
In enger Abstimmung mit Frau Prof. Hey und auf ihre Anregung hin.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Vor dem Referendariat, allerdings mit einer Verschleifung in die erste Gerichtsstation. Ich habe parallel zur Dissertation zur Finanzierung des Lebensunterhalts in einer Kanzlei gearbeitet.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Im Gegensatz zu anderen Leistungen war mir bei der Dissertation bis zu Letzt nicht klar, wie Dritte die Arbeit aufnehmen würden. Deshalb hatte ich moderate Ansprüche und war eher unsicher.
6. Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Sie sollte in einem punktuellen Bereich eine wohlüberlegte und umfassende Abhandlung darstellen, die keine Lücken lässt und im besten Fall eigene Lösungsvorschläge oder Veränderungsvorschläge bietet. Der Vorteil des Doktoranden ist, dass er mehr Zeit auf ein sehr singuläres Problem aufwenden kann als fast der gesamte Rest des wissenschaftlichen Umfelds. Diesen Vorteil sollte er sich verdeutlichen und nutzen. Viel tiefer als in einer Dissertation wird der normale Jurist nie graben. Diese Erkenntnis kann einem während der Zeit auch Mut machen.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Die Ruhe, mit der man sich ohne äußeren Druck in ein Problem vertiefen konnte, war einzigartig. Prägend war auch die Belastung, ein großes, unvollendetes Werk vor sich herzuschieben.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Jeweils als Promotionsstudent.
9. Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Positiv. Pfusch wird nicht mehr geduldet und findet wegen des gestiegenen Entdeckungsrisikos in geringerem Ausmaße statt. Das ist zu begrüßen.
10. Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Disziplin, Kreativität und Akkuratesse.
11. Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Im Nachhinein hätte ich gerne am Lehrstuhl gearbeitet.
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Ich würde empfehlen, frühzeitig einen Zeitplan zu erstellen, Quellen eher sorgfältiger als weniger sorgfältig zu lesen und zu archivieren und schnell „ins Schreiben“ zu kommen, und sei es noch so unausgegoren. Und ich möchte die Empfehlung meiner Betreuerin weitergeben, aus der Dissertation bereits im mittleren Stadium einen Vortrag oder einen Aufsatz für Laien bzw. Halblaien zu kreieren. Es hilft dem roten Faden extrem.
Dr. Björn Schmitz-Luhn
Dr. Björn Schmitz-Luhn
Dr. Björn Schmitz-Luhn wurde für seine Dissertation zum Thema „Priorisierung in der Medizin“ mit dem Adolfs-Laufs-Promotionspreis für medizinrechtliche Dissertationen ausgezeichnet.
Dr. Jan David Sommer
Dr. Jan David Sommer studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln. Nach der Ersten juristischen Staatsprüfung im Juni 2013 promovierte er bei Prof. Dr. Stefan Muckel zum Thema „Die Duldung rechtswidriger Zustände im öffentlichen Baurecht“. Promotionsbegleitend war er in einer großen Wirtschaftskanzlei als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich „Öffentliches Wirtschaftsrecht“ tätig. Seit März 2015 ist er Rechtsreferendar in Köln. Nach der Disputation im August 2016 wurde seine Dissertation mit dem Promotionspreis der Rechtswissenschaftlichen Fakultät für Öffentliches Recht ausgezeichnet.
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Während des Studiums habe ich vor allem durch die Hausarbeiten und die Seminararbeit festgestellt, dass mir wissenschaftliches Arbeiten liegt und ich komplexen Problemen gerne auf den Grund gehe. Nach dem Ersten Staatsexamen wollte ich mich dann nicht sofort wieder mit Lernen und Klausuren schreiben im Referendariat beschäftigen, sodass ich mich für das Verfassen einer Dissertation als persönliches Projekt entschieden habe. Auch meine Familie und meine Freundin haben mich darin bestärkt, zu promovieren.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Erst kurz nach dem Ersten Staatsexamen habe ich mich ganz konkret mit dem Thema Promotion auseinandergesetzt. Zur gleichen Zeit hat auch ein Freund von mir angefangen zu promovieren und nebenher in der Kanzlei gearbeitet, in der ich dann auch als Wissenschaftlicher Mitarbeiter angefangen habe. Weil dann alles recht schnell gepasst hat, dachte ich mir: So soll es sein!
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Bei meinem Betreuer Herrn Prof. Dr. Muckel habe ich meine Seminararbeit im Schwerpunkt „Öffentliches Recht“ geschrieben. Da ich zu einem öffentlich-rechtlichen Thema promovieren wollte, war für mich klar, dass ich ihn als Ersten kontaktieren werde. Er war auch sofort bereit, meine Promotion zu begleiten. Nach einigem Überlegen hat Herr Prof. Dr. Muckel schließlich das Thema für meine Dissertation vorgeschlagen, mit dem ich auch sofort einverstanden war.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Das Promotionsvorhaben habe ich nach dem Studium begonnen, es hat sich aber noch in das Referendariat hineingezogen. Promotionsbegleitend war ich 2-3 Tage in einer großen Wirtschaftskanzlei als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Je länger ich an dem Thema gearbeitet und alle Zusammenhänge verstanden habe, desto mehr sind auch meine Ansprüche an meine Dissertation gestiegen. Dazu bin ich auch eher perfektionistisch veranlagt. Mir ging es vor allem darum, das Thema von allen Seiten umfassend zu beleuchten. Meine Dissertation ist letztlich auch viel umfangreicher geworden, als ich das zu Anfang gedacht hätte.
6. Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Eine Dissertation sollte auf wissenschaftlicher Basis neue Lösungsansätze für die Problemstellung hervorbringen. Dazu kann neben dem Erfassen aller Zusammenhänge auch das Aufdecken neuer Probleme gehören. Auch die Verwertbarkeit der Ergebnisse in der Praxis kann ein Qualitätsmerkmal sein.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Zu Beginn ging ich davon aus, nach ca. eineinhalb Jahren mit dem Promotionsvorhaben fertig zu sein. Das hätte auch gut zu meinem Zeitplan gepasst. Es hat dann doch länger gedauert, so dass ich die Dissertation erst während der ersten Monate des Referendariats fertigstellen konnte. Als eher negativ empfand ich auch, dass man die Dissertation als „Langzeitprojekt“ immer im Hinterkopf hat und unter dem wachsenden Zeitdruck dazu neigt, sich auch in der Freizeit häufiger an den Schreibtisch zu setzen.
Als positiv habe ich empfunden, dass die Promotionszeit viele Freiheiten bereithalten kann. Wenn man 2-3 Tage die Woche arbeitet, kann man sich den Rest der Woche zeitlich sehr flexibel einteilen (was allerdings nicht dazu führen darf, dass die Arbeit an der Dissertation vernachlässigt wird). Außerdem habe ich festgestellt, wie juristisches Denken und Problembewusstsein von Monat zu Monat geschärft werden. Interessant war zu sehen, wie viele Facetten ein Thema haben kann, auch wenn man es anfangs für ein eher eingegrenztes Thema gehalten hat.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Wenn man noch nicht „richtig“ im Berufsleben steht, wird man von seinem Umfeld wohl eher als Promotionsstudent wahrgenommen. Ich selbst habe mich während dieser Zeit auch eher als Promotionsstudent gesehen, weil die Promotion eben auch ein Verfahren ist, das mit einer Prüfung abschließt. Erst nach Abgabe der Dissertation, dem positiven Feedback und letztlich auch durch die Auszeichnung mit dem Promotionspreis drängt sich das Bewusstsein in den Vordergrund, dass man auch Wissenschaftler ist.
9. Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Der Doktortitel ist der höchste akademische Grad und muss eine besondere Auszeichnung bleiben. Es ist deshalb unerlässlich, die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards zu sichern, gegen Plagiate konsequent vorzugehen und ggf. Doktortitel zu entziehen. Nur so wird gewährleistet, dass die überwiegende Mehrheit der Doktoranden, die sich den Doktortitel ehrlich und hart erarbeitet hat, die verdiente Anerkennung für ihre Leistung erhält.
10. Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Man sollte strukturiert arbeiten können, Ausdrucksvermögen und eine gewisse Kreativität besitzen sowie auf eine gute Schwerpunktsetzung achten. Viel mehr noch als im Studium geht es darum, eigene Gedanken zu entwickeln und die eigene Meinung zu vertreten. In manchen Phasen benötigt man auch Ausdauer und Durchhaltevermögen. Eine gewisse Lockerheit kann sicher auch nicht schaden!
11. Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Ich bin eigentlich zufrieden damit, wie die Promotion bei mir verlaufen ist. Natürlich würde ich heute versuchen, möglichst vor dem Referendariat mit der Dissertation fertig zu werden. Einen Zeitplan aufzustellen und ihn auch genau einzuhalten, geht aber nicht immer Hand in Hand.
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Grundsätzlich muss jeder für sich selbst herausfinden, wie er sein Promotionsvorhaben angeht. Mir hat es am Anfang geholfen, zunächst eine Formatvorlage und eine Gliederung zu erstellen sowie einen ganz groben Zeitplan zu machen. Eine frühzeitige Ordnung von Literatur und Rechtsprechung sind auch hilfreich. Mein Promotionsvorhaben hat es zum Ende hin auch weitergebracht, für ein paar Wochen einmal ausschließlich an der Dissertation zu arbeiten. Das kann zwar anstrengend sein, aber ohne die wöchentliche Unterbrechung durch Arbeiten in einer Kanzlei oder am Lehrstuhl, kann man sich noch einmal tiefer in das Thema vorarbeiten. Außerdem sollte man sich auch Auszeiten nehmen und Urlaub machen.
Preisträger 2016
Dr. Sarah Erne
Dr. Sarah Erne
Dr. Sarah Erne wurde für ihre Dissertation zum Thema „Das Bestimmtheitsgebot im nationalen und internationalen Strafrecht am Beispiel des Straftatbestands der Verfolgung“ mit dem Promotionspreis 2016 für Strafrecht der Rechtwissenschaftlichen Fakultät ausgezeichnet.
Dr. Sebastian Feiler
Dr. Sebastian Feiler
Dr. Sebastian Feiler wurde für seine Dissertation zum Thema „Kollisionsrecht der Vertragsübernahme“ mit dem Promotionspreis für kollisionsrechtliche Arbeiten der Alexander Lüderitz Stiftung ausgezeichnet.
Dr. Oliver Froitzheim, LLM
Dr. Oliver Froitzheim, LL.M. studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln und der University of Canterbury (Neuseeland). Ferner studierte er Verwaltungswissenschaften an der Universität Speyer. Zur Zeit arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Wirtschaftsrecht, IPR, Rechtsvergleichung und Bankrecht / CENTRAL. Seine Dissertation „Die Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit - Internationale Standards und Kasuistik“ wurde 2016 mit dem Promotionspreis der Fakultät ausgezeichnet.
Was waren Ihre Beweggründe für die Promotion? Warum haben Sie sich für die Promotion entschieden?
Ich hatte mehrere Beweggründe. Ich wollte selbstverständlich eine wissenschaftliche Arbeit abliefern. Die Idee wissenschaftlich zu arbeiten fasziniert mich. Aber selbstverständlich wollte ich mich auch weiter juristisch qualifizieren.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Die Idee eine Promotion zu schreiben, reifte in mir zu einem wirklichen Plan, als ich als studentische Hilfskraft im Institut für Bankrecht arbeitete. Dort bekam ich mit, wie wissenschaftlich gearbeitet wird und dies beeindruckte mich.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Ich habe vorher bei meinem Doktorvater, Prof. Berger, als studentische Hilfskraft gearbeitet. Durch diesen Kontakt war relativ schnell nach dem ersten Staatsexamen klar, dass ich bei Prof. Berger promovieren möchte und dies möglich war. Auf das Thema stieß ich eher durch Zufall. Ich musste für die Promotion noch eine Seminararbeit schreiben, da ich im Studium damals keine geschrieben hatte. Also tat ich dies nach dem ersten Staatsexamen. Um Zeit zu sparen, wollte ich relativ kurzfristig das Seminar belegen. Damals waren aber viele Seminare bereits vergeben oder die Themen interessierten mich nicht. Doch dann stieß ich auf ein Seminar zur Schiedsgerichtsbarkeit von Prof. Raeschke-Kessler und Prof. Grunewald. Die Anmeldung war noch offen und sehr unkompliziert. Die dort vergebenen Themen betrafen im weitesten Sinne die Ablehnung von Schiedsrichtern. Durch die Arbeit an meinem Thema viel mir auf, dass in diesem Bereich wirklich noch sehr viel ungeklärt zu sein schien. Nach dieser Seminararbeit war mir klar, dass ich in diesem Bereich promovieren möchte.
Wann haben Sie promoviert – nach dem ersten oder zweiten Examen? Berufsbegleitend?
Promoviert habe ich nebenberuflich neben einer Anstellung als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Bankrecht / CENTRAL. Während meinem Referendariat ruhte die Dissertation weitestgehend. Beendet habe ich sie nach dem Referendariat.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach leisten?
Ich hatte den Anspruch eine Dissertation zu schreiben, die nicht nur im Regal verschwindet. Ich wollte etwas schreiben, das praxisrelevant ist und wirklich auch gelesen wird.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Positiv empfand ich das Gefühl in einem Bereich zu forschen, in dem sehr viel ungeklärt ist. Man ist als Jurist zwar gewohnt, auf Kommentierungen etc. zurückgreifen zu können. Deswegen ist der erste Augenblick im „juristisch luftleeren Raum“ zwar erst einmal ein ungewohntes Gefühl. Aber mit der Zeit ist es spannend, diesen Raum mit eigenen Ideen und Strukturen zu füllen. Negativ empfand ich die Dauer der Promotion. Meine Dissertation brauchte sehr lange. Den Zeitbedarf für eine Dissertation habe ich anfangs unterschätzt.
Promotionsstudent oder Wissenschaftler? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Ich habe mich als Wissenschaftler gesehen. Mein Bekanntenkreis hat mich auf verschiedene Arten wahrgenommen. Die Juristen haben mich ebenfalls als Wissenschaftler wahrgenommen. Die Nicht‐Juristen haben mich meist als jemanden „in der Ausbildung“ und damit als Studenten angesehen.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Der Kern der Diskussion ist aus meiner Sicht sehr wichtig und richtig. Eine zusammenkopierte Arbeit ist keine eigene Leistung und darf nicht zu einem akademischen Abschluss führen. Plagiate müssen deswegen von den Universitäten nach Möglichkeit aufgespürt werden. Insoweit finde ich die aktuelle Diskussion richtig. Gäbe es keine Diskussion in dieser Sache und würden Plagiate einfach akzeptiert werden, würde dies insbesondere den Doktortitel entwerten. Dies träfe alle wissenschaftlich korrekt arbeitenden Doktoranden. Schlecht an der aktuellen Diskussion finde ich den teilweise geäußerten Generalverdacht, dass alle Dissertationen Plagiate seien. Auch diese völlig haltlose Behauptung entwertet den Doktortitel und trifft gerade diejenigen Doktoranden, die wissenschaftlich korrekt arbeiten.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Neben den juristischen Fähigkeiten sollte nach meiner Meinung ein Doktorand folgende Eigenschaften haben: Selbstdisziplin, Durchhaltevermögen, Organisationstalent. Selbstdisziplin ist nötig, um sich selbst immer wieder dazu zu bewegen, die Arbeit voran zu treiben. Es gibt Sachen, die man nicht mit Begeisterung machen will und die dennoch nötig sind für eine Dissertation. Bei mir war das z.B. das Kontrollieren der Fußnoten vor der Abgabe. Durchhaltevermögen ist nötig, um die Arbeit nicht irgendwann aufzugeben. Viele geben ihr Promotionsvorhaben auf. Ein gewisses Organisationstalent ist nötig, um die Arbeit an der Dissertation zu strukturieren. Es müssen z.B. Quellen gefunden, beschafft und ausgewertet werden.
Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Ich würde auf jeden Fall versuchen, ein inhaltlich enger gefasstes Promotionsthema zu finden. Als ich mir das Thema ausgesucht habe, hatte ich diesen Hinweis schon von mehreren ehemaligen Doktoranden gehört. Ich ging auch davon aus, dass mein Thema eher eng formuliert ist. Jedoch merkte ich erst nach einiger Zeit, dass es innerhalb meines Themas Problemstellungen gibt, die allein schon jeweils eine Dissertation wert gewesen wären. Ich lag also mit meiner Einschätzung, dass mein Thema eng umgrenzt ist, falsch. Dies dürfte vielen Doktoranden so gehen. Auch würde ich die Dissertation nun vor dem Referendariat beenden. Während des Referendariats hat man kaum Zeit für die Dissertation.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Um meine Antwort auf Frage Nr. 11 aufzugreifen: Ich empfehle, ein sehr eng umgrenztes Promotionsthema zu suchen. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass man während der Arbeit merkt, dass das Thema doch ausschweifender ist, als man zuerst dachte, sind Themen, die sich nachträglich begrenzen lassen (z.B. „... unter besonderer Beachtung von....“) aus meiner Sicht ideal.
Dr. Andreas Groten
Dr. Andreas Groten
Dr. Andreas Groten wurde für seine Dissertation zum Thema „corpus und universitas. Römisches Körperschafts- und Gesellschaftsrecht: zwischen griechischer Philosophie und römischer Politik“ im Jahr 2016 mit dem „X. Premio romanistico internazionale Gérard Boulvert“ ausgezeichnet.
Dr. Kevin Lukes
Dr. Kevin Lukes wurde für seine Dissertation zum Thema „Der betriebsverfassungsrechtliche Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat“ im Jahr 2016 mit dem Küttner-Promotionspreis und dem „Wissenschaftspreis der Wolfgang-Hromadka-Stiftung“ ausgezeichnet.
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Ich wollte nach dem Absolvieren der 1. Staatsprüfung gerne etwas Eigenständiges machen. Die Vorbereitung auf die 1. Staatsprüfung empfand ich als stark verschult. Die Arbeit am Institut für deutsches und europäisches Arbeitsrecht (IDEAS) nebst der dabei eingeräumten Möglichkeit der Promotion durch Herrn Dr. Prof. Dr. Dr. h.c. Preis bot sich bestens dafür an, eigenständig wissenschaftlich tätig zu werden. Mit der Promotion wollte ich dabei meine eigenen Ideen zu einem Problem auf Papier bringen. Außerdem hatte ich schon während des Studiums mein Interesse am wissenschaftlichen Diskurs und der vertieften Auseinandersetzung mit einzelnen Problemen entdeckt.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Wirklich gefasst habe ich den Entschluss zur Promotion erst während meiner bei Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Preis geschriebenen Seminararbeit. Ich habe damals die Seminararbeit zu einem betriebsverfassungsrechtlichen Themenkreis geschrieben, der stark umstritten war und ist. Das Thema der Haftung des Betriebsrats und seiner Mitglieder war ziemlich spannend, weil es die Möglichkeit gab, einen völlig eigenen Lösungsweg zu entwickeln. Damals habe ich mein Interesse am Betriebsverfassungsrecht entdeckt, was mich dann auch dazu bewogen hat, auf diesem Feld meine Promotion schreiben zu wollen.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Auch über die Seminararbeit. Herr Professor Dr. Dr. h.c. Preis war angetan von meiner Seminararbeit und hat mir unmittelbar im Anschluss ein Angebot zur Promotion bei ihm gemacht, welches ich dann natürlich dankend angenommen habe. Ursprünglich hatte ich selbst vorgehabt, ihn nach der Möglichkeit einer Promotion zu fragen, was mir dann aber bereits durch die Anfrage seitens Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Preis abgenommen wurde.
4. Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe im Oktober 2013 mit der Suche nach einem Promotionsthema begonnen und habe die Promotion im August 2015 eingereicht. Ich habe vor dem Referendariat promoviert.
5. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Ich wollte gerne ein Thema bearbeiten, das bisher noch nicht wissenschaftlich vertieft worden war. Dabei hatte ich den Anspruch eine dogmatisch überzeugende, aber gleichzeitig praxistaugliche Lösung des sich mir stellenden Problems zu finden.
6. Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Meines Erachtens sollte eine Dissertation – wenn es denn nach dem gewählten Thema möglich ist - über eine rein deskriptive Darstellung des bisherigen Streitstands in Rechtsprechung und Literatur hinausgehen und eine eigene Lösung präsentieren.
7. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Als besonders prägend kann ich die Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am IDEAS bezeichnen. Herr Professor Dr. Dr. h.c Ulrich Preis hat mir immer die nötige wissenschaftliche und zeitliche Freiheit gelassen, um neben dem Tagesgeschäft vernünftig an meiner Dissertation arbeiten zu können. Als bereichernd empfand ich auch den tägliche Austausch mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort, vor allem mit Herrn Professor Dr. Daniel Ulber, Dr. Katharina Loth, Herrn Marc Reuter und Herrn Florian Wieg. Die Gespräche bei gemeinsamen Wegen in die USB oder am Kaffeestand werden mir immer in guter Erinnerung bleiben. Toll war auch die zeitliche Freiheit, die ich beim Abfassen der Promotion hatte.
Wirklich negative Erfahrungen habe ich keine gemacht. Jeder hat einmal gute und schlechte „Schreibtage“, sodass ich einen zwischenzeitlichen Stopp beim Schreiben nicht als negativ bewerten kann.
8. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Ich habe mich neben meiner Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am IDEAS mit der Bearbeitung eines wissenschaftlichen Themas beschäftigt. Eine besondere Selbsteinschätzung zu mir als Doktorand habe in dieser Zeit nicht herausgebildet. Wie mein Umfeld meine Arbeit wahrgenommen hat, weiß ich ehrlich gesagt nicht genau.
9. Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Die Debatte ist wichtig und sollte auch weiterhin geführt werden, um die Akzeptanz der Doktorarbeit zu erhalten. Jedoch sollte sie nicht auf einzelne Personen oder Disziplinen verengt werden.
10. Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
An erster Stelle über Durchhaltevermögen und Fleiß. Daneben sollte man ein grundsätzliches Interesse am wissenschaftlichen Diskurs haben und auch nach dem fünften Aufsatz noch bereit sein Aufsätze 6 – 10 zu lesen, um das volle Spektrum der vertretenen Meinungen kennenzulernen. Daneben ist eine gewisse Selbstdisziplin von Nöten, wenn man sich nicht in Kleinigkeiten verzetteln will.
11. Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Zu Beginn der Arbeit würde ich ganz genau den Umfang des Themas festlegen. Ich habe am Anfang erst einmal alles gelesen und zusammengefasst, was auch nur ansatzweise zu meinem Thema passte. Dieses Einlesen ist wichtig, kann aber auch dazu führen, dass man sich verzettelt. Eine geordnetere Herangehensweise hätte mir hier vielleicht Zeit sparen können. Andererseits habe ich so auch in die Randbereiche meines Themas einmal hereinschauen können. Ein Patentrezept kann es in dieser Hinsicht meines Erachtens nicht geben.
Außerdem würde ich bei einem neuen Anlauf von vornherein in der Vorlage des Verlags arbeiten, in dem ich gerne veröffentlichen möchte. Die rein formale Umarbeitung bei der Publikation ist zeitraubend. Dieses Zeit kann man sich nach meiner Einschätzung sparen, wenn man von vornherein in einer Vorlage arbeitet, gesetzt die Publikation kann dann auch bei dem gewünschten Verlag erfolgen.
12. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Sich von dem vor einem liegenden Berg an Literatur und Rechtsprechung nicht einschüchtern zu lassen. Im Laufe der Promotionszeit wird der Berg zwar nicht kleiner, aber man klettert immer weiter nach oben, bis man dann am Ende einen vernünftigen Überblick hat. Auch sollte man sich nicht verrückt machen, wenn man am Anfang der Arbeit mit dem Schreiben noch nicht wirklich voran kommt, sondern das Gefühl hat, nur zu lesen. Wenn man das Thema erst einmal durchdrungen hat, kann man zum Ende der Promotionszeit hin sehr schnell und sehr viel schreiben. Ich habe mehr als die Hälfte meiner Arbeit in den letzten sechs Monaten geschrieben.
Dr. David Markworth
Dr. David Markworth studierte Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau und war dort studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Rechtstheorie bei Prof. Dr. Matthias Jestaedt. Nach dem 1. Staatsexamen Anfang 2013 promovierte er bei Prof. Dr. Martin Henssler zum Thema „Scheinsozius und Scheinsozietät - die Auswirkungen des Rechtsscheins in GbR und PartG“. Zugleich arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer großen Wirtschaftskanzlei und anschließend am Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln. Im April 2015 begann er sein Referendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln. Nach der Disputation im Dezember 2015 wurde seine Dissertation im Januar 2016 mit dem Promotionspreis der Rechtswissenschaftlichen Fakultät für Zivilrecht ausgezeichnet.
Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Schon bald nach dem Ersten Staatsexamen habe ich gemerkt, dass mich das Wissenschaftliche Arbeiten interessiert und es mir liegt. Es hat mich deshalb gereizt, die Herausforderung anzunehmen, ein ganzes Buch zu schreiben und mehrere Jahre der Arbeit an einem Thema zu widmen.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
In meiner Familie wird traditionell viel Wert auf höhere akademische Bildung gelegt. Für mich stand es daher schon zu Beginn meines Studiums fest, dass ich eine Promotion versuchen würde, falls sich die Gelegenheit ergäbe.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Zunächst habe ich in Festschriften und Zeitschriften nach geeigneten Themen gesucht. Ich bin dann relativ schnell auf die Scheinsozietät als Themenkomplex gestoßen, da die damit verbundenen Fragen eine hohe praktische Bedeutung haben und auf diese Weise eine Auseinandersetzung sowohl mit dem Gesellschafts- als auch dem Berufsrecht möglich war. Professor Dr. Henssler habe ich als Doktorvater kontaktiert, da er in dem mich interessierenden Bereich sehr renommiert ist und ich mir deshalb von ihm wertvolle Impulse erhoffen konnte.
Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe das Promotionsvorhaben nach dem 1. Staatsexamen begonnen und den Kern der Arbeit vor Beginn des Referendariats beendet.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Am Anfang war es schwer abzusehen, wieviel das von mir gewählte Thema hergeben würde. Mit der Zeit entwickelte sich aber ein gewisser Ehrgeiz, mehr als eine 08/15-Dissertation zu schreiben, die nur der Erlangung des Titels dient.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Nicht von jeder Dissertation ist eine wissenschaftliche Sensation zu erwarten. Natürlich genügt es jedoch auch nicht, ausschließlich althergebrachter Meinungen wiederzugeben. Eine gute Dissertation muss also zumindest einen gewissen wissenschaftlichen Fortschritt herbeiführen. Zugleich begreife ich die Rechtswissenschaften als sehr „anwenderorientiert“. Mir war es daher wichtig, dass ich bei meiner Arbeit Praxisnutzen und –tauglichkeit nicht aus den Augen verliere.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Als besonders prägend habe ich das zunächst überwältigende Gefühl empfunden, mich allein einem ganzen Berg an Problemen, den Aufbau der Arbeit und die Beantwortung sich im Rahmen der Arbeit stellender Fragen betreffend, gegenüberzusehen.
Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Da ich während der Zeit der Promotion durchgehend als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war, zunächst bei einer großen Wirtschaftskanzlei und dann am Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht, gab es für mich nie nur die Arbeit an der Dissertation. Dies habe ich als sehr positiv und bereichernd empfunden. Mit der fortschreitenden Arbeit am Institut begann ich mich, auch unabhängig von meiner Promotion, immer mehr als Wissenschaftler zu begreifen und würde diese Beschreibung auch weiterhin wählen.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Die Diskussion war aus meiner Sicht längst überfällig. Lieber soll es weniger, dafür aber qualitativ hochwertigere Dissertationen geben, als eine Masse an Arbeiten, die nur der Erlangung des Titels dienen und wissenschaftliche Standards außer Acht lassen.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Durchhaltevermögen und Zielstrebigkeit. Man darf sich von zwischenzeitlichen Rückschlägen nicht frustrieren lassen, aber auch nie das Ziel aus den Augen verlieren, die Arbeit tatsächlich fertig zu stellen.
Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Heute wäre ich sicher gelassener. Beginnt man das Promotionsvorhaben vor dem Referendariat, hat man oft im Hinterkopf, dass man noch ein weiteres Staatsexamen absolvieren muss. Zumindest ging es mir oftmals so. Im Nachhinein wäre es besser gewesen, diesen Gedanken noch stärker auszublenden und zu der Entscheidung, zwischen 1. Staatsexamen und Referendariat zu promovieren, zu stehen.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Man sollte sich ganz zu Beginn des Vorhabens einen Zeitplan machen und diesen möglichst strikt einhalten. Allerdings darf man nicht vergessen, in diesen Zeitplan zeitliche Puffer für unvorhergesehene Probleme einzubauen.
Dr. Mahdad Mir Djawadi
Dr. Mahdad Mir Djawadi, Studium der Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln und Nancy II/Frankreich; maître en droit public et européen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht der Universität zu Köln; aktuell Absolvierung des Referendariats in Köln. Seine Dissertation „Individualsanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Al Qaida und die Taliban – zum Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und individueller Freiheit im Mehrebenensystem von Völkerrecht, Europarecht und nationalem Verfassungsrecht“ wurde 2015 mit dem Nachwuchspreis des Peter Lang Verlags und dem Promotionspreis 2016 der Fakultät ausgezeichnet.
Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Ich hatte bereits an dem Verfassen der Seminararbeit unheimlich viel Spaß und einfach Lust darauf, mich intensiv und über einen längeren Zeitraum mit einer bestimmten Rechtsthematik zu beschäftigen.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Schon während des Studiums war mir klar, dass ich gerne, falls sich mir die Möglichkeit bietet, promovieren möchte.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Ich wollte in jedem Fall im Bereich des öffentlichen Rechts promovieren und hatte noch im Studium eine Vorlesung von Prof. Schöbener besucht. Seine Art zu dozieren hat mir sehr gut gefallen, so dass ich ihn nach dem ersten Examen einfach gefragt habe, ob ich bei ihm promovieren könnte. Prof. Schöbener hat mir dann die Anregung zum Thema meiner Arbeit gegeben. Es war genau das, was ich wollte, nämlich ein Querschnittsthema aus den Bereichen Völker-, Europa- und natonales Verfassungsrecht.
Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe das Promotionsvorhaben vor dem Referendariat durchgeführt. Nebenbei habe ich zunächst bei einer großen Wirtschaftsberatungsgesellschaft, später am Lehrstuhl von Prof. Schöbener gearbeitet.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Eine gut lesbare und argumentativ fundierte Dissertation zu schreiben, in der eigene Gedanken und Lösungsansätze im Vordergrund stehen. Hingegen lag mein Fokus nicht bewusst darauf, eine möglichst gute Note zu bekommen. Ebenso wenig kam es mir darauf an, mich so schnell wie möglich Doktor nennen zu dürfen.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Sie sollte einen eigenständigen Beitrag zur Lösung der in ihr behandelten Rechtsthemen und zur Schließung bestehender Forschungslücken leisten. Und sie sollte vor allem leserfreundlich sein. Karl Popper hat es m. E. treffend auf den Punkt gebracht: „Jeder Intellektuelle hat eine ganz spezielle Verantwortung. Er hat das Privileg und die Gelegenheit, zu studieren. Dafür schuldet er es seinen Mitmenschen (oder „der Gesellschaft“), die Ergebnisse seines Studiums in der einfachsten und klarsten und bescheidensten Form darzustellen. Das Schlimmste – die Sünde gegen den heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen es versuchen, sich ihren Mitmenschen gegenüber als große Propheten aufzuspielen und sie mit orakelnden Philosophien zu beeindrucken. Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann.“
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Sicherlich die Zeiten, in denen man mit Zweifeln an der eigenen Arbeit zu kämpfen hatte. Und das Bewusstsein, gestärkt aus diesen Zeiten hervorgegangen zu sein.
Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Während der Promotionszeit selbst ganz klar als Promotionsstudent. Als Wissenschaftler erst, nach dem ich die Arbeit abgegeben und das entsprechende Feedback von den beiden Prüfern bekommen hatte. Erst mit der akademischen Anerkennung wurde ich mir der eigenen wissenschaftlichen Leistung richtig bewusst.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Ich finde es – gerade auch zum Schutze derjenigen, die nach den Regeln spielen – unerlässlich, streng auf die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards zu achten und entsprechende Verstöße entschieden zu ahnden. Dann sollte sich auch die Diskussion um den Wert von Dissertationen mittelfristig beruhigen.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Den Mut, eigene Gedanken zu entwickeln und zu verfolgen, selbst wenn man gerade zu Beginn noch unsicher ist. Hartnäckigkeit und Frustrationstoleranz. Sich für den Moment auch mal damit abfinden können, dass das zu Papier Gebrachte noch nicht der ganz große Wurf ist, und trotzdem weitermachen. Zu viel Perfektionismus schafft nur die Gefahr unnötiger Blockaden und Frustrationen. Dennoch in jedem Moment bemüht sein, so exakt und einfach wie gerade möglich zu formulieren.
Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Ja. Prof. Schöbener bietet seinen Doktoranden die Möglichkeit, jederzeit Teile der Arbeit für ein erstes Feedback einzureichen. Hiervon würde ich im Nachhinein so früh wie möglich Gebrauch machen und nicht erst abwarten, bis ich mutmaßlich perfekte Arbeit geschaffen habe. So weiß man viel früher, was schon gut und was (dringend) verbesserungswürdig ist.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Meine Promotion hat erst dann richtig Fahrt aufgenommen, als ich angefangen habe, an jedem Tag möglichst viel eigene Gedanken zu Papier zu bringen. Vieles von dem Aufgeschriebenen landete dann zwar wieder rasch im Papierkorb. Das war aber nicht schlimm, weil ich mich durch das ständige Produzieren eigener Gedanken immer mehr dem eigentlichen Kern des jeweiligen Problems annähern konnte. Das hat bei mir definitiv zu besserem, stringenterem Schreiben geführt und das Tiefenverständnis geschaffen, das für die Entwicklung eigener, kreativer Lösungsansätze notwendig war.
Dr. Björn Schmitz-Luhn
Dr. Björn Schmitz-Luhn
Dr. Björn Schmitz-Luhn wurde für seine Dissertation zum Thema „Priorisierung in der Medizin“ mit dem Adolfs-Laufs-Promotionspreis für medizinrechtliche Dissertationen ausgezeichnet.
Preisträger 2015
Dr. Mario Bachmann
Dr. Mario Bachmann studierte Rechtswissenschaften an der Universität Jena. Von April 2008 bis September 2009 arbeitete er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Professor Dr. Frank Neubacher M.A. Seit Oktober 2009 ist er in gleicher Funktion am Institut für Kriminologie der Universität zu Köln tätig. Seine Promotion erfolgte 2014. Im selben Jahr trat er in den juristischen Vorbereitungsdienst im OLG-Bezirk Köln ein. Mario Bachmann ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zum Straf- und Strafprozessrecht sowie zur Kriminologie und zum Strafvollzug. Auf letztgenanntem Gebiet kommentiert er die §§ 109 bis 121 StVollzG (gerichtlicher Rechtsschutz in Strafvollzugssachen) des von Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel herausgegebenen und von Rolf-Peter Calliess und Heinz Müller-Dietz begründeten Kommentars zum Strafvollzugsgesetz. Die vom Beihilfe- und Förderungsfonds Wissenschaft der VG-Wort geförderte Dissertation "Bundesverfassungsgericht und Strafvollzug - Eine Analyse aller veröffentlichten Entscheidungen" wurde am 6.3.2015 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln mit dem CBH-Promotionspreis ausgezeichnet.
Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Ich fand die Vorstellung, einmal ein Buch zu schreiben, schon immer sehr reizvoll. Als ich dann meine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter begann, stand für mich fest, dass das erste Werk eine Dissertation wird.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Erstmals daran gedacht habe ich zum Ende meines Studiums. Die endgültige Entscheidung hierfür fiel dann aber erst - wie bereits angedeutet - mit dem Beginn meiner Arbeit am Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie in Jena.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Nachdem Herr Professor Neubacher mir an seinem damaligen Lehrstuhl in Jena eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter angeboten hatte, musste ich nicht mehr lange nach einem Betreuer suchen - es war für mich klar, dass er es sein würde. Ausgangspunkt für das Thema meiner Dissertation war letztlich, dass ich mich schon während des Studiums besonders für den Strafvollzug interessiert und auf diesem Gebiet im Rahmen des Schwerpunktbereichs auch zwei Seminararbeiten verfasst hatte. Auf das konkrete Thema bin ich dann aber gekommen, als ich verschiedene Texte gelesen hatte, die sich mit verfassungsrechtlichen Fragestellungen zum Strafvollzug beschäftigten.
Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe vor dem Referendariat parallel zu meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Jena und Köln promoviert.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Ich hatte die Absicht, eine Arbeit anzufertigen, deren Ergebnisse auch für die Vollzugspraxis Relevanz haben. Daneben war mir wichtig, kein ein allzu "dünnes Brett zu bohren".
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Aus meiner Sicht ist es absolut unabdingbar, dass eine Dissertation das Ziel verfolgt, eine Forschungslücke zu schließen, auch wenn es nur eine kleine ist. Keinesfalls sollte die Doktorarbeit allein dem Zweck dienen, ihrer Verfasserin bzw. ihrem Verfasser die Abkürzung "Dr." vor dem Namen zu verschaffen.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Nie vergessen werde ich das letzte Jahr vor der Einreichung der Dissertation, das besonders arbeitsintensiv war.
Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Eine Promotion verbinde ich ganz eindeutig mit dem Begriff des Wissenschaftlers bzw. der Wissenschaftlerin. Anders als im Studium geht es bei der Anfertigung einer Dissertation nämlich nicht in erster Linie darum, sich bereits vorhandenes Wissen anzueignen, sondern – wenigstens ein Stück weit – auch neues zu schaffen. Dabei soll freilich nicht verkannt werden, dass man sich im Rahmen des Promotionsvorhabens immer wieder in spezielle Problembereiche einarbeiten und in diesem Sinne „studieren“ muss. Doch hat dies gewissermaßen nur vorbereitenden, nicht aber prägenden Charakter – jedenfalls sollte es dies. Wie mich mein Umfeld wahrgenommen hat – ob es überhaupt in den in Rede stehenden Kategorien „Promotionsstudent“ oder „Wissenschaftler“ gedacht hat – vermag ich nicht zu beurteilen.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Es ist im Grunde höchst bedauerlich, dass überhaupt darüber diskutiert werden muss, dass man seine Dissertation nicht im „copy and paste“-Verfahren verfassen darf. Die Fälle prominenter „Plagiatoren“ zeigen jedenfalls, wie gut und wichtig es ist, dass es aufgrund der Pflicht zur Veröffentlichung einer Dissertation die Möglichkeit gibt, dreiste Täuschungsversuche aufzudecken. Allerdings darf die entstandene Diskussion nicht dazu führen, dass Dissertationen, gewissermaßen um auf „Nummer sicher“ zu gehen, zunehmend mit ausladenden Fußnotenapparaten überfrachtet werden und am Ende womöglich noch der Name des Verfassers mit einer Fußnote, die auf die Geburtsurkunde verweist, versehen wird. Gegebenenfalls bestehende Unsicherheiten müssen im Rahmen der Doktorandenbetreuung konsequent angesprochen und ausgeräumt werden.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Man braucht ein gesundes Maß an Freude am wissenschaftlichen Arbeiten sowie ein ausgeprägtes Durchhaltevermögen – man muss sich auch mal „durchbeißen“ können. Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird es schwer haben, dass Promotionsvorhaben erfolgreich zum Abschluss zu bringen.
Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Auf jeden Fall – hinterher ist man ja bekanntlich immer schlauer. Heute würde ich versuchen, von Anfang an mehr darauf zu achten, dass stets genügend Zeit bleibt, um kontinuierlich an der Dissertation arbeiten zu können. Inwieweit sich dies tatsächlich immer realisieren lässt, ist freilich eine andere Frage.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Viel Sorgfalt sollte man auf die Wahl eines geeigneten Themas verwenden. Dabei sollte man sich nicht nur von seinen Interessen leiten lassen, sondern sich auch Gedanken über den eigenen Anspruch an die Dissertation machen. Aus meiner Sicht ist es dabei besonders wichtig, die Umsetzbarkeit des Promotionsvorhabens kritisch zu hinterfragen. Das gilt insbesondere mit Blick auf interdisziplinär und empirisch ausgerichtete Arbeiten. Wie soeben schon angedeutet, sollte man sich zudem von Beginn an genügend Freiraum für die Dissertation schaffen. Es ist sehr ärgerlich, wenn man sich gerade mühsam in einen bestimmten Problembereich eingearbeitet hat, dann aber erst nach längerer Zeit wieder dazu kommt, die erworbenen Erkenntnisse zu verarbeiten und zu Papier zu bringen. Hier geht dann zumeist viel Zeit damit verloren, erneut in die jeweilige Materie hineinzufinden.
Dr. Julie Monika Francastel, LL.M., MJur (Oxford)
Dr. Julie Monika Francastel, LL.M., MJur (Oxford)
Dr. Julie Monika Francastel, LL.M., MJur (Oxford) wurde für ihre Dissertation zum Thema „Steuerung des Aktionärskreises durch Anteilsvinkulierung – Eine rechtsvergleichende Betrachtung des deutschen und französischen Rechts“ mit dem Osborne Clarke Promotionspreis für Internationales Recht 2015 ausgezeichnet.
Dr. Leonie von Holtzendorff
Dr. Leonie von Holtzendorff studierte Rechtswissenschaft an der Universität zu Köln. Nach dem ersten Staatsexamen promovierte sie zum Thema „Franz v. Holtzendorff“ bei Prof. Dr. Claus Kreß, für den sie während und vor der Promotion unter anderem als wissenschaftliche Hilfskraft tätig war. Im November 2012 trat sie ihre Referendarausbildung beim Kammergericht in Berlin an und absolvierte ihr zweites Staatsexamen Ende 2014. Ihre Dissertation ist im März 2015 mit dem CBH-Promotionspreis 2015 der Fakultät ausgezeichnet worden. Nun strebt Leonie von Holtzendorff eine Karriere als Strafverteidigerin in Berlin an.
Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Die Motivation für meine Promotion ist eng mit ihrem Thema verknüpft. Ich habe nämlich eine juristische Biographie über meinen Ur-Ur-Ur-Großonkel Franz v. Holtzendorff geschrieben. Neben meiner schon recht früh verspürten Lust an wissenschaftlicher Arbeit waren es also ganz wesentlich auch der persönliche Wunsch und die Chance, das Leben eines Ahnen zu würdigen, was mich zum Verfassen einer Dissertation bewegt hat. Daneben habe ich mir von einem Doktortitel auch bessere Berufschancen erhofft.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Tatsächlich entschieden habe ich mich zur Promotion nach dem Abschluss meines ersten Staatexamens. Ich stand vor der Alternative Referendariat oder Promotion und hatte dann einfach größere Lust, noch ein wenig länger wissenschaftlich zu arbeiten, bevor ich mich der praktischen Juristerei zuwenden würde. Außerdem hatte ich auch Sorge, mich nach dem zweiten Examen womöglich nicht mehr richtig motivieren zu können.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Dies beides habe ich gleichzeitig gefunden, ohne mich wirklich auf die Suche gemacht zu haben. Ich hatte im Sommersemester 2007 bei Herrn Prof. Dr. Claus Kreß am Lehrstuhl als studentische Hilfskraft zu arbeiten begonnen. Eines Tages fragte mich Professor Kreß, ob Franz v. Holtzendorff ein Vorfahre von mir sei. Als ich bejahte meinte er, dass dies ein wunderschönes Thema für eine Dissertation wäre. Bis ich Anfang 2010 dann endlich mit der Arbeit beginnen konnte, ist natürlich noch eine ganze Weile vergangen.
Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Wie bereits erwähnt, habe ich meine Promotion vor dem Referendariat in Angriff genommen. Als ich dann im November 2012 ins Referendariat ging, hatte ich nur noch einige Kleinigkeiten zu ergänzen. Es war mir sehr wichtig, die Arbeit mit Beginn des Referendariats im Wesentlichen fertig zu haben.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Auch hier ist meine Antwort sehr durch mein Thema geprägt. Zum einen wollte ich natürlich eine wissenschaftlich ordentliche und interessante Arbeit schreiben. Daneben hatte ich vor allem den Anspruch, den Protagonisten meiner Arbeit gebührend zu würdigen und seinem Leben und Wirken mit meiner Schilderung gerecht zu werden.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Eine Dissertation sollte der Wissenschaft dienen. Hierzu sollte sie eine wie auch immer geartete Erkenntnis beinhalten. Daneben dient die Dissertation aber auch der wissenschaftlichen und persönlichen Entwicklung des Doktoranden.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Für mich war es ein großes Geschenk, mich eine so lange Zeit mit nur einem Thema auseinandersetzen zu können. Daneben war die Promotionsphase für mich eine Zeit großer Freiheit. Selbstständig zu arbeiten und auch die Arbeitszeit ganz frei einteilen zu können habe ich nach der anstrengenden Lernphase für das erste Examen als sehr befreiend empfunden. Auch das Grübeln über die Lösung der sich stellenden Probleme und die Diskussion mit guten Freunden hierüber haben mir große Freude bereitet.
Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Ich habe mir diese Frage eigentlich nie gestellt. Im Nachhinein glaube ich, dass ich mich eher als Studentin denn als Wissenschaftlerin empfunden habe. Die Erkenntnis, eine wissenschaftliche Leistung erbracht zu haben, hatte ich so richtig erst nach der Disputation.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Als die „Guttenberg-Affäre“ ihren Lauf nahm, hatte ich gerade mit dem Schreiben an meiner Arbeit begonnen. Ich habe es damals schon als Warnung empfunden, sehr sorgfältig zu sein und bloß keine Quelle unerwähnt zu lassen. Ich vermute, dass das vielen anderen Doktoranden ähnlich gehen wird und insofern hat die Debatte auf jeden Fall einen positiven Effekt. Nur wer nach den Regeln spielt, hat am Ende den Titel auch verdient.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Ganz wichtig sind glaube ich die Fähigkeit, selbstständig zu arbeiten, und Durchhaltevermögen. Daneben ist es meiner Ansicht nach unerlässlich, sich für das eigene Thema begeistern zu können.
Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Ganz ehrlich: Nein.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Ich würde empfehlen, sich viel Zeit mit der Wahl des Themas zu lassen und so lange zu suchen, bis man eines gefunden hat, auf das man wirklich neugierig ist. Die Begeisterung für die Sache ist es schließlich, die einem Kraft und Motivation schenkt, wenn man mal nicht weiterzukommen scheint. Daneben empfehle ich, ganz zu Beginn eine möglichst detaillierte Gliederung zu entwerfen und sich für die jeweiligen Abschnitte klare Zeitvorgaben zu setzen.
Dr. Christian Jasper
Dr. Christian Jasper studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln und Katholische Theologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 2010 legte er vor dem Prüfungsamt am Oberlandesgericht Köln die Erste juristische Staatsprüfung ab und arbeitete anschließend als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität zu Köln. Seit 2013 ist er als Rechtsreferendar am Landgericht Köln tätig. Die Promotion zum Dr. iur. erfolgte 2014 durch die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln. Die Arbeit "Religiös und politisch gebundene Ämter - Anschauungsgebundene Vergabe von Staatsämtern im Spannungsfeld zwischen besonderen Gleichheitssätzen und gegenläufigem Verfassungsrecht" wurde mit dem CBH-Promotionspreis im Öffentlichen Recht ausgezeichnet.
Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Ich hatte immer schon Freude daran, schwierigen Fragestellungen auf den Grund zu gehen, mich intensiv mit Themen auseinanderzusetzen und Eingefahrenes zu hinterfragen. Dazu bietet eine Promotion die optimale Gelegenheit. Außerdem interessieren mich religiöse und politische Zusammenhänge unabhängig von meiner Promotion, sodass mich das Thema meiner Arbeit – Religiöse und politisch gebundene öffentliche Ämter – auch inhaltlich sehr interessiert hat.
Schließlich fand ich es gut, mein Studium durch die Promotionszeit um rund drei Jahre verlängern und in dieser Zeit manche Freuden des Studentenlebens genießen zu können. Insbesondere hat mir die sehr flexible Arbeitsweise ohne unmittelbaren Prüfungsdruck gut gefallen, die ich nun im Referendariat kurz vor dem Zweiten Staatsexamen etwas vermisse.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Ich konnte mir das schon früh im Studium vorstellen. Konkret wurde es dann, als mir Herr Professor Sachs nach den Klausuren des Ersten Staatsexamens eine Mitarbeiterstelle an seinem Lehrstuhl anbot, bei der üblicherweise die Gelegenheit zur Promotion geboten wird, wie es in den Stellenausschreibungen oft heißt.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Schon während meines Studiums hatte ich als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht für Herrn Professor Sachs gearbeitet. Über die Jahre hatten wir dadurch uns und unsere jeweilige Arbeitsweisen einigermaßen kennengelernt. Das war sehr hilfreich, um einschätzen zu können, welche Erwartungen Herr Professor Sachs an eine Promotion haben könnte.
Die Fragestellung meiner Dissertation hatte Herr Professor Sachs in einem allgemeineren Beitrag zu den besonderen Gleichheitssätzen des Grundgesetzes kurz angerissen. Er hält dort fest, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Staatspraxis bestehen, es aber an einer genaueren aktuellen Untersuchung fehle. Diese Lücke zu füllen zu versuchen, bot sich für mich an, zumal ich sowieso ein großes Interesse an religionsverfassungsrechtlichen Fragestellungen und politischen Zusammenhängen hatte.
Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referendariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Zwischen Ersten Staatsexamen und Referendariat. Parallel zu meiner Promotionstätigkeit hatte ich eine – überwiegend volle – Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl meines Doktorvaters.
Dass man während seiner Promotionszeit viel Wissen zum materiellen Recht vergesse und dies dann im Referendariat schmerzlich vermisse, kann ich übrigens nicht bestätigen. Manchmal ist es in der Praxis sogar vorteilhaft, wenn man nicht unzählige Theorien auswendig kann, sondern stattdessen ein ausgeprägtes Problembewusstsein hat und souverän mit Gesetzeskommentaren umgehen kann.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Ich wollte ein Buch schreiben, das zumindest für das Fachpublikum von Interesse ist und das – zumindest passagenweise – von mehr Leuten gelesen wird als dem Erst- und Zweitgutachter. Außerdem hatte ich natürlich nicht zuletzt in Anbetracht der Plagiatsfälle der letzten Jahre den Anspruch, wissenschaftlich einwandfrei zu arbeiten.
Über mögliche Noten für meine Dissertation habe ich mir beim Schreiben hingegen keine Gedanken gemacht.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
Sie sollte die wissenschaftliche Diskussion bereichern und zu Erkenntnisgewinnen führen. Wie das gelingt, kann im Einzelfall ganz unterschiedlich sein. Man mag Probleme erörtern, zu denen wissenschaftliche Untersuchungen bislang gänzlich fehlen, oder auch bekannte Probleme aus neuer Perspektive untersuchen oder neue Lösungsansätze entwickeln. Jedenfalls bei rechtswissenschaftlichen Dissertationen ist sicher auch ein erkennbarer praktischer Nutzen nicht verkehrt.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Ich fand es immer gut, über ein Thema zu schreiben, dass auch Nicht-Juristen schnell verstehen konnten. So kam ich oft in lebhafte Diskussionen über tagesaktuelle Probleme mit Bezug zu meiner Arbeit. Ich habe es als Bestätigung wahrgenommen, wenn sich dabei zeigte, wie hoch die praktische Relevanz und zum Teil auch Brisanz meiner Fragestellung ist.
Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Das kam – wie sollte es bei einem Juristen anders sein – immer drauf an. Sicher fehlte mir unmittelbar nach dem Ersten Examen noch viel Erfahrung; das juristische Denken reift eben mit jedem Jahr, in dem man Jura praktiziert. Insofern habe ich mich stets als weiterhin Lernender beziehungsweise Studierender wahrgenommen. Auch meine äußeren Lebensumstände glichen in mancherlei Hinsicht eher denen eines Studenten.
Andererseits merkt man, nachdem man sich einige Zeit intensiv in sein Dissertationsthema eingearbeitet hat, dass man zu einem Experten auf dem Gebiet heranreift und dass es nur sehr wenige Leute gibt, die sich ähnlich detailliert mit der Thematik auskennen. Jedenfalls nach Abschluss der Dissertation wird man dann doch ein bisschen als Wissenschaftler wahrgenommen.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards ist unerlässlich; hinsichtlich des Obs sollte es da eigentlich gar nichts zu diskutieren geben. Die Plagiatsfälle haben den Ruf der Dissertation nachhaltig beschädigt und eben nicht zu Erkenntnisgewinnen beigetragen, was ja aber das Ziel wissenschaftlichen Arbeitens sein müsste. Unabhängig von der Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards halte ich es allerdings für problematisch, wenn Dissertationen nur des Titels wegen ohne weitergehenden Forschungsdrang geschrieben werden.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Auf jeden Fall braucht man Ausdauer, Fleiß und Neugierde, ein gutes sprachliches Ausdrucksvermögen, gerne auch etwas Kreativität, wohlmöglich auch Frustrationstoleranz für etwaige Durststrecken während der Arbeit.
Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Ich würde versuchen, mich kürzer zu fassen oder das Thema weiter einzugrenzen. Wer mehr als 500 Seiten schreibt, tut damit sich selbst und seinen Lesern meist keinen Gefallen.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Investieren Sie ausreichend Zeit in die Themensuche; je spannender das eigene Promotionsthema ist desto einfacher wird die Motivation für die Arbeit sein.
Wenn Sie einen Teil der Arbeit abgeschlossen haben, fragen Sie Ihren Promotionsbetreuer, ob er sich diesen vorab schon einmal anschauen kann oder Sie Ihre Erkenntnisse zumindest schon einmal diskutieren können. Auf diesem Wege vorab ein vorläufiges Feedback zu bekommen, gibt Sicherheit für die weitere Arbeit. Zudem können etwaige Fehler so in den weiteren Teilen der Arbeit von vornherein vermieden werden.
Außerdem: Gönnen Sie sich bei mehrjährigen Promotionsprojekten auch mal eine Pause, in der Sie nicht an der Promotion arbeiten. Bei mir waren das etwa Zeiten, in denen ich mit anderen Lehrstuhlaufgaben völlig ausgelastet war. Oft habe ich solche Unterbrechungen als Gewinn wahrgenommen, weil sich mit etwas zeitlichem Abstand oft ganz neue Perspektiven auf das bis dahin Geschriebene gewinnen lassen.
Dr. Riccarda Marcelli
Dr. Riccarda Marcelli studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln. Nach dem ersten Staatsexamen promovierte sie bei Prof. Dr. Christian Rolfs zu dem Thema „Das Governance-System in der Versicherungsgruppe nach Solvency II – Grenzen der Umsetzung versicherungsaufsichtsrechtlicher Vorgaben und ihre Auflösung“. Promotionsbegleitend ar-beitete Dr. Riccarda Marcelli als Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einer internationalen Wirtschaftskanzlei und anschließend am Institut für Versicherungsrecht der Universität zu Köln. Ihre Dissertation wurde im November 2015 mit dem „Helmut-Kollhosser-Preis“ der Forschungsstelle für Versicherungswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ausgezeichnet. Im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes war Dr. Riccarda Marcelli unter anderem in einer internationalen Großkanzlei sowie für die Deutsche Botschaft in San-tiago de Chile tätig. Im Mai 2017 legte sie ihr zweites Staatsexamen ab.
Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für das Verfassen einer Dissertation entschieden?
Mich hat es sehr gereizt, mich intensiv einem bestimmten Rechtsgebiet widmen zu können und eine Lösung zu einem juristischen Problem fundiert auszuarbeiten.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Bereits im Studium hat mir das wissenschaftliche Arbeiten Spaß gemacht. Ein weiterer Fak-tor war, dass ich bereits seit dem zweiten Semester als studentische Hilfskraft am Institut für Versicherungsrecht in die Forschungsarbeit eingebunden war und engen Kontakt zu Dokto-randen hatte. Diese Erfahrung hat mich frühzeitig motiviert, selber zu promovieren.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
In Festschriften und Zeitschriften habe ich die derzeit aktuellen Diskussionen und Reform-vorhaben verfolgt und bin so auf mein Thema gestoßen. Herr Professor Rolfs, für den ich schon während des Studiums gearbeitet hatte, bot mir nach dem ersten Staatsexamen die Betreuung meiner Dissertation an.
Wann haben Sie Ihr Promotionsvorhaben durchgeführt? Vor oder nach dem Referen-dariat? Oder möglicherweise auch berufsbegleitend?
Ich habe meine Doktorarbeit unmittelbar nach dem ersten Staatsexamen geschrieben. Pro-motionsbegleitend habe ich zunächst als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer internatio-nalen Wirtschaftskanzlei in Düsseldorf gearbeitet, dann am Institut für Versicherungsrecht der Universität zu Köln.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Mein Ziel war es, mich mit einer rechtlichen Problematik zu befassen, deren Auflösung für die Praxis von Relevanz ist. Außerdem wollte ich meine methodische Herangehensweise wei-ter entwickeln.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach im Allgemeinen leisten?
In fachlicher Hinsicht sollte eine Dissertation zu einem wissenschaftlichen „Mehrwert“ füh-ren. Zugleich werden die eigenen Kompetenzen gestärkt, indem unter Anwendung der juris-tischen Methodik eigene Gedanken und Lösungswege entwickelt werden.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als beson-ders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Zu Beginn sah ich mich mit einer Vielzahl komplexer Probleme in einem mir bislang unbe-kannten Rechtsgebiet konfrontiert, die zunächst kaum lösbar erschienen. Darüber hinaus ließ sich aufgrund der Aktualität kaum einschlägige, aussagekräftige Literatur zu meinem Prob-lemkreis finden. Besonders positiv war daher die Erfahrung, dass man tatsächlich mit seinen Aufgaben wächst und sich Beharrlichkeit auszahlt. Denn je intensiver man sich mit einer bis-lang unbekannten Materie beschäftigt, desto eher erschließen sich neue Lösungswege.
Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Dokto-rand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Da ich promotionsbegleitend als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität zu Köln tätig und dadurch stark in die Forschung eingebunden war, wurde ich überwiegend als Wis-senschaftlerin wahrgenommen.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dis-sertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards ist von herausragender Bedeutung und sollte unter keinen Umständen vernachlässigt werden.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Dokto-rand Ihrer Meinung nach verfügen?
Man benötigt ein hohes Maß an Zielstrebigkeit und Selbstdisziplin.
Gibt es etwas, dass Sie im Hinblick auf die Promotion heute anders machen würden?
Meine Dissertation habe ich kurz vor Beginn des Referendariats eingereicht. In der Zivilsta-tion verbrachte ich dennoch sehr viel Zeit damit, Aktualisierungen vorzunehmen und alles für die Publikation vorzubereiten. Es wäre vernünftiger gewesen, nicht alles gleichzeitig ma-chen zu wollen.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvor-habens steht?
Hilfreich ist die Setzung realistischer Zwischenziele, beispielsweise eine Seite pro Tag zu schreiben oder einen bestimmten Themenkomplex in einer Woche zu bearbeiten. Mit die-sem Ziel vor Augen arbeitet man effizienter und hat stets Erfolgserlebnisse, die zusätzlich motivieren.
Darüber hinaus habe ich bewusst mit dem Hauptteil meiner Arbeit begonnen, da dies der für mich spannendste Teil war und ich eine zu langatmige Einleitung vermeiden wollte. Eine solche Herangehensweise erfordert natürlich, dass man sich zuvor einen guten Überblick über die Thematik verschafft hat.
Dr. Lukas Preußler, LL.M.
Dr. Lukas Preußler, LL.M.
Dr. Lukas Preußler, LL.M. wurde für seine Dissertation zum Thema „Question prioritaire de constitutionnalité – Perspektiven konkreter Normenkontrolle in Frankreich“ mit dem Osborne Clarke Promotionspreis für Internationales Recht 2015 ausgezeichnet
Dr. Bernd Scholl
Dr. Bernd Scholl
Dr. Bernd Scholl wurde für seine Dissertation zum Thema „Vorstandshaftung und Vorstandsermessen – Rechtliche und ökonomische Grundlagen, ihre Anwendung in der Finanzkrise sowie der Selbstbehalt bei der D&O-Versicherung“ mit dem CBH-Promotionspreis 2015 für Zivilrecht ausgezeichnet.
Preisträger 2014
Dr. Julien Dubarry
Dr. Julien Dubarry studierte Rechtswissenschaften zunächst an den Universitäten Köln und Paris 1 (Panthéon-Sorbonne) im Rahmen des deutsch-französischen Magisterstudiengangs und ab 2007 vertiefend an der Universität Panthéon-Sorbonne mit dem Schwerpunkt "allgemeines Privatrecht". Er promovierte im Juli 2013 an den Universitäten Paris 1 und Köln zum Thema "Die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung – Eine Studie zum translativen Mechanismus im Lichte des deutschen und französischen Rechts" (gemeinschaftliche Betreuung von Prof. Dr. Barbara Dauner-Lieb und Prof. Dr. Rémy Libchaber). Während der Promotionszeit war er Assistent an den Universitäten Paris 1 und Cergy-Pontoise und hat drei Monate am Max Planck-Institut in Hamburg geforscht. Die Dissertation wurde 2014 vom Centre Français de droit comparé mit dem ersten Preis und von der Universität zu Köln mit dem CBH Promotionspreis für Zivilrecht ausgezeichnet. Dr. Dubarry ist ab September 2014 als Maître de conférences an der Universität Panthéon-Assas (Paris II) berufen.
Was waren Ihre Beweggründe fü?r die Promotion? Warum haben Sie sich für die Promotion entschieden?
Mein Wunsch war es, die akademische Laufbahn zu beschreiten. Dafür ist eine Promotion ein erster unausweichlicher Schritt. Das war also ein "Muss", aber nicht nur. Ich habe auch gemeint, eine Dissertation würde einen Rahmen für eine tiefgründige wissenschaftliche Überlegung anbieten, was in der Studienzeit selten der Fall ist. Von Anfang an sollte es auch Freude bereiten und Spass machen, und so ist es tatsächlich gewesen.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Eigentlich sehr früh, und fest entschlossen war ich spätestens im 3. Semester, als ich die Vorlesung von Herrn Prof. Kreß besucht habe. Ich wollte "wie er" werden. Das klingt vielleicht etwas kindisch, aber alle Wissenschaftler, die ich kenne, haben Vorbilder, die die eigene Laufbahn entscheidend beeinflusst haben. Er ist zweifellos, was mich betrifft, eines von ihnen. Dieser frühe Entschluss ist nie in Zweifel geraten, und das fünfte Studienjahr in Frankreich – äquivalent zu dem Schwerpunktbereich – hat mein großes Interesse am Forschen bestätigt.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Wie es schon bei der letzten Antwort anklang, ist für mich die persönliche Beziehung zum Betreuer absolut vorrangig, vor allem im Hinblick auf die längere Bearbeitungszeit einer Dissertation nach französischen Maßstäben, die in Wirklichkeit dem Format einer deutschen Habilitationsschrift entspricht. Von daher habe ich zunächst meine Betreuer ausgesucht und danach, zusammen mit den beiden Betreuern, ein Thema. Der Grund für diese Reihenfolge war auch wissenschaftlicher Natur. Denn als Betreuer wollte ich Dozenten haben, mit denen ich Spaß am wissenschaftlichen Austausch habe – was aber nicht heißt, dass diese meine Ansichten teilen sollten, ganz im Gegenteil. Was das Thema angeht, wollte ich eine grundlegende Frage des Zivilrechts bearbeiten, deren Bearbeitung in einer rechtsvergleichenden Perspektive Sinn machte. Die Eigentumsübertragung hat sich fast "von selbst" angeboten.
Wann haben Sie promoviert – nach dem ersten oder zweiten Examen? Berufsbegleitend?
Ich habe im Rahmen des deutsch-französischen Studiengangs mein Grundstudium in Köln absolviert, aber kein Staatsexamen abgelegt. In Frankreich gibt es kein Äquivalent zu diesem Examen. Nach der Maîtrise (4. Studienjahr) habe ich zwar das Examen zur Zulassung bei der französischen Anwaltsschule vorsichtshalber abgelegt, was aber für die akademische Laufbahn keine Voraussetzung ist.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach leisten?
Eine Dissertation ist meiner Meinung nach eine wissenschaftliche Arbeit und keineswegs – nur - eine Visitenkarte für den künftigen Beruf. Von daher muss es sich um eine Arbeit handeln, die einen gewissen praktischen Bezug aufweisen muss (indem sie Rechtsanwälten, Notaren oder Richtern hilft), was durch die Klärung theoretischer und grundsätzlicher Fragen geschehen kann. Die Dissertation ist für mich keine "neutrale Schrift". Dahinter steht ein Autor, den man durch die Art und Weise, auf welche die Überlegungen geführt werden, entdecken will und muss. Ob ich diesen Ansprüchen gerecht wurde, kann nur der Leser beurteilen. Das sind aber für mich die Mindestmerkmale einer gelungenen Dissertation. Die Dissertation ist zeitlich die erste Gelegenheit für einen Juristen zu zeigen, dass er nicht nur Paragraphen und BGH Urteile kennt, sondern auch denken und eigene Ansichten vertreten kann.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Als besonders positiv ist mir aufgefallen, dass ich endlich die nötige Zeit hatte, um für mich interessante Rechtsfragen zu vertiefen. Diese Zeit erlaubt es auch, viele Kollegen zu treffen und kennenzulernen, mit denen man danach gemeinsame wissenschaftliche Projekte entwickeln kann. Nun vergeht auch diese Zeit schneller als man es will, was natürlich an bestimmten Momenten etwas Druck ausüben kann. Diese Momente habe ich persönlich bewältigt, indem ich Aufsätze oder Entscheidungsanmerkungen verfasst habe in Bereichen, die außerhalb meines eigentlichen Forschungsgebiets liegen.
Promotionsstudent oder Wissenschaftler? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Die Antwort ist schon in der vorletzten Frage stillschweigend beinhaltet. Der Promotionsstudent muss sich meiner Meinung nach als Wissenschaftler einstufen und als solcher fühlen. Auf der Grundlage der Arbeiten von Vorgängern entwickelt man eine eigene Ansicht zu einem bestimmten Thema. Als Student habe ich mich nur gefühlt, wenn ich in der Bahn meinen Studentenausweis als Fahrkarte aushändigen konnte – und in diesem Kontext hat es schon seine Vorteile. Was das Umfeld angeht, ging es nicht wirklich um die Frage Wissenschaftler oder Student. Vielmehr ging es darum zu erklären, was ein Doktortitel bringt. Prestige hat er in Frankreich kaum, und mehr Geld bringt er unmittelbar auch nicht. Ihr habt in Deutschland Glück, dass der Dr. iur. von den Anwälten noch geschätzt wird. Das ist in Frankreich ganz anders – was aber vermutlich in der Abstufung zwischen Promotion und Habilitation in Deutschland liegt.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Der Doktortitel ist ein akademischer Grad, und man sollte um jeden Preis verhindern, dass er an Bedeutung verliert. Obwohl die Dissertation in Frankreich vom Format her einer deutschen Habilitationsschrift entspricht, schreiben sehr viele Leute eine Dissertation und die wissenschaftliche Qualität ist nicht immer dabei. Das wirkt sich zum Nachteil für alle Promovierenden und Promovierten aus. Deswegen muss der Kampf gegen Plagiate und für einen Mindeststandard an Qualität gestärkt werden.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Neugier, Arbeitsfähigkeit und Kreativität.
Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Eigentlich nichts – außer vielleicht am Anfang einen Word-Expertenkurs belegen!
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Dem Promotionsneuling würde ich nur einen Ratschlag weitergeben, der mir von meinem französischen Doktorvater gegeben worden ist. Lassen Sie sich nicht von allem, was über das Thema schon geschrieben worden ist abschrecken und verfolgen Sie die Meinung, die Sie ganz am Anfang haben – die erste Intuition ist selten falsch. Und ich würde persönlich hinzufügen: Hören Sie nicht auf das, was andere Doktoranden oder sogar promovierte Wissenschaftler über die Promotion sagen, sondern erleben Sie diese Zeit selbst – eine einmalige Erfahrung, wenn das Thema Spaß macht.
Dr. Ulrich Fleischer
Dr. Ulrich Fleischer, geboren 1984, studierte Rechtswissenschaften in Augsburg und Köln. Neben dem Studium war Herr Fleischer als Fremdsprachenübersetzer für eine internationale Wirtschaftskanzlei tätig. Nach Ablegen der ersten Prüfung vor dem OLG Köln im Jahr 2010 begann er parallel zur Anfertigung der Dissertation mit einer Tätigkeit als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Ende 2012 nahm Herr Fleischer das Referendariat am OLG Köln auf – unter anderem mit Stationen bei einer internationalen Wirtschaftskanzlei und beim Generalkonsulat in Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam. Die Dissertationsschrift "Die Strafbarkeit der Abgabe eines unrichtigen Bilanzeids gemäß § 331 Nr. 3a HGB" wurde im Laufe des Referendariats fertiggestellt und am 7. März 2014 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln mit dem CBH Promotionspreis 2014 ausgezeichnet.
Was waren Ihre Beweggründe für die Promotion? Warum haben Sie sich für die Promotion entschieden?
Nachdem ich das 1. Examen abgelegt hatte, wollte ich noch nicht gleich mit dem Referendariat beginnen. Ich hatte vielmehr den Wunsch, vorher ein größeres individuelles Projekt anzugehen. Die Promotion ist in diesem Zusammenhang eine traditionelle Möglichkeit. Alternativ wäre für mich auch der Erwerb eines LL.M. oder ein längeres Praktikum im Ausland in Betracht gekommen. Letztlich war für mich aber auch die Möglichkeit einer zeitgleichen Tätigkeit am Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht an der Universität zu Köln reizvoll, sodass ich mich letztlich für die Promotion entschieden habe.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Ich hatte schon während des Studiums mit dem Gedanken gespielt, nach dem 1. Examen zu promovieren, ohne mich jedoch näher mit diesem Vorhaben auseinandergesetzt zu haben. Nachdem ich dann das 1. Examen abgelegt hatte, habe ich konkret nach interessanten Themengebieten Ausschau gehalten.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Im Gegensatz zu manch anderen Kommilitonen verlief in meinem Fall glücklicherweise beides recht unkompliziert. Meine erste Anlaufstelle war damals der Betreuer meiner Schwerpunktbereichshausarbeit. Über ihn gelangte ich zu meinem späteren Doktorvater, Prof. Dr. Martin Waßmer, der vor allem auf dem Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts forscht – ein Bereich, der für mich neben dem Wirtschaftsrecht von besonderem Interesse war und noch immer ist. Das erste Treffen verlief sehr positiv. Professor Waßmer nahm sich über zwei Stunden Zeit, um mit mir über mein Vorhaben zu sprechen und die gegenseitigen Ziele und Erwartungen zu erörtern. Schließlich einigten wir uns bereits im Rahmen dieses Treffens auf das konkrete Thema meiner Arbeit.
Wann haben Sie promoviert – nach dem ersten oder zweiten Examen? Berufsbegleitend?
Ich habe kurze Zeit nach dem 1. Examen mit meiner Dissertation begonnen. Die Veröffentlichung erfolgte dann während des Referendariats.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Natürlich wollte ich in jedem Fall eine gelungene, nach wissenschaftlichen Standards einwandfreie Arbeit abliefern. Zu Beginn der Dissertation hatte ich eigentlich noch keine darüber hinausgehenden konkreten Vorstellungen. Je länger ich aber an meiner Arbeit geschrieben und je mehr Zeit ich investiert hatte, desto mehr wuchs auch mein eigener Anspruch und desto mehr Ideen kamen mir in den Sinn, durch welche Inhalte ich die Dissertation noch interessanter gestalten könnte. Eine besondere Motivation war für mich das stete Interesse meines Doktorvaters am Fortschritt meiner Arbeit, welches auch mitentscheidend dafür war, einen Forschungsaufenthalt in den USA zu absolvieren – findet mein Thema doch seinen Ursprung in einer Änderung des US-amerikanischen Börsenrechts.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach leisten?
Eine Dissertation sollte ein bestimmtes Thema – so weit wie möglich – abschließend behandeln und – zumindest wenn es sich um ein aktuelles Thema handelt – einen wirklichen Mehrwert bringen. Wenn ich eine Dissertation heranziehe, möchte ich davon ausgehen können, darin sämtliche relevante Aspekte zu der behandelten Thematik wiederzufinden. Dies zu leisten, klingt einfacher als es tatsächlich ist. So manche Dissertation, die ich bisher in der Hand hatte, behandelte die jeweilige Thematik leider zu oberflächlich. Mindermeinungen, denen ja oftmals ein interessanter Ansatz zugrunde liegt, wurden entweder überhaupt nicht erwähnt oder nur mit einem bloßen Verweis gewürdigt. Gerade dann steht man als Leser jedoch vor dem Problem, auf die Arbeit nicht „vertrauen“ zu können, was ihren Wert aus meiner Sicht ganz erheblich mindert.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Besonders positiv empfand ich das hohe Maß an Freiheit sowie an Orts- und Zeitungebundenheit – vor allem nach der sehr disziplinierten Vorbereitungszeit auf das 1. Examen. Allgemein habe ich die Zeit, die ich mit dem Anfertigen meiner Dissertation verbracht habe, als sehr angenehm in Erinnerung. Ein Highlight war dabei ein viermonatiger Forschungsaufenthalt an der UC California in Berkeley. Besonders gefreut hat mich die hohe Resonanz auf eine von mir durchgeführte Fragebogenuntersuchung unter den deutschen Großunternehmen. Dies war für mich der Beleg, dass meine Arbeit auch in der Unternehmenspraxis auf ein gewisses Interesse stößt, und Ansporn, diese weiter voranzutreiben.
Den vielen positiven Empfindungen stehen nur sehr wenige negative gegenüber. Zwar ist es nicht nur ein Mal vorgekommen, dass ich bis tief in die Nacht über einem bestimmten Problem gesessen habe, ohne letztlich die Antwort darauf gefunden zu haben. Aber solche Erlebnisse gehören zum wissenschaftlichen Arbeiten einfach dazu, sodass ich derartige vergebliche Liebesmühe nicht als besonders negativ empfunden habe. Vor allem aber die Drucklegung meiner Dissertation hat mir noch einmal sehr viel Geduld abverlangt.
Promotionsstudent oder Wissenschaftler? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Ich denke, es ist eine Mischung aus beidem. Nach dem 1. Examen wächst auf der einen Seite der Abstand zum Studentendasein, bei mir vor allem auch infolge meiner zeitgleichen Tätigkeit am Lehrstuhl. Auf der anderen Seite war mir aber stets bewusst, dass am Horizont noch das 2. Examen auf mich wartet, vor dessen Bestehen ich mich selbst zumindest noch nicht als „kompletten“ Wissenschaftler bezeichnen wollte.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Es ist wichtig, dass solche Diskussionen geführt werden und auf die Einhaltung der anerkannten wissenschaftlichen Arbeitsstandards wieder verstärkt geachtet wird. Es kann nicht angehen, dass es im Rahmen des Erwerbs einer so hohen universitären Qualifikation zu derartigen Missständen kommt. Dabei sehe ich vor allem die betreuenden Doktorväter und -mütter in der Pflicht.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Sitzfleisch, Geduld, Selbstdisziplin und Spaß an der Sache. Manchmal macht es den Eindruck, als stecke man inmitten eines Sumpfes widerstreitender Literaturmeinungen und Rechtsprechung fest, und die ermittelten Quellen lassen am Ende mehr Fragen offen als sie beantworten. Dann heißt es, nicht verzweifeln und dran bleiben.
Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Im Grunde bin ich mit meiner Herangehensweise auch im Nachhinein noch recht zufrieden. Ich würde aber heute von Beginn an eine Formatvorlage benutzen und nicht mehr, wie ich es gemacht habe, die Formatierung erst am Ende vornehmen.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Meine Empfehlung lautet: auf strukturiertes Vorgehen und eine exakte Zitierweise achten – von Beginn an! Jede Ungenauigkeit kostet später wertvolle Zeit. Es empfiehlt sich zudem, ein handhabbares Literaturverwaltungssystem einzurichten, ohne das es meines Erachtens nach schwierig ist, auch noch zum Ende der Arbeit hin den Überblick über sämtliche herangezogenen Quellen zu behalten. Schließlich kann erwogen werden, mit der Anfertigung des Einleitungsteils bis zum Abschluss des Hauptteils zu warten. Dies beugt der Gefahr vor, zu Beginn eine im Verhältnis zum darauf folgenden Hauptteil überlange und inhaltlich "unscharfe" Einleitung zu produzieren. Abschließend rate ich jedem, diese Zeit so gut es geht zu genießen. Unabhängig davon, ob man sich für eine Promotion nach dem 1. oder dem 2. Examen entscheidet: Die Freiheiten, die man während des Anfertigens der Dissertation genießt, dürften so schnell nicht wiederkommen.
Dr. Nikolaos Gazeas, LL.M.
Dr. Nikolaos Gazeas, LL.M. studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Köln, Bonn, Heidelberg und Thessaloniki. Nach dem ersten Staatsexamen folgte ein Master-Studium (LL.M.) an der University of Auckland in Neuseeland. Er promovierte im Wintersemester 2013/2014 zum Thema "Übermittlung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse an Strafverfolgungsbehörden" bei Prof. Dr. Claus Kreß, LL.M., für den er während der Promotionszeit und bereits zuvor u.a. als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Im Jahr 2012 war er als Visiting Scholar an der University of California, Berkeley. Im selben Jahr trat er den Referendardienst in Köln an. Zugleich blieb Nikolaos Gazeas wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Claus Kreß, LL.M., wo er auch heute noch arbeitet. Seine Arbeit ist im März 2014 mit dem CBH Promotionspreis 2014 der Fakultät ausgezeichnet worden. Der Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort hat die Arbeit als herausragendes wissenschaftliches Werk bewertet, das einen wesentlichen wissenschaftlichen Ertrag erbracht hat und die Druckkosten vollständig übernommen.
Was waren Ihre Beweggründe für die Promotion? Warum haben Sie sich für die Promotion entschieden?
Es waren im Kern drei Gründe. Die Lust am wissenschaftlichen Arbeiten, die Möglichkeit, mit einer Promotion den Grundstein für eine Hochschulkarriere zu legen und ein wenig auch der Reiz des Doktortitels. Die Begeisterung für wissenschaftliches Arbeiten habe ich recht früh im Studium entdeckt. Hierbei waren es meist wenig erforschte Fragen, die mich besonders zum Nachdenken animiert haben, so zum Beispiel neue Gesetze, zu denen es weder Rechtsprechung noch Kommentarliteratur gab. Die Möglichkeit, sich selbst einmal vertieft einer solchen Frage anzunehmen, damit ein wenig juristisches Neuland zu betreten und eigene Ideen in der Wissenschaftslandschaft zu sähen, hat mich gereizt. Den Beruf des Hochschullehrers wollte ich jedenfalls nicht ausschließen, und dafür ist die Promotion ein Teil der Eintrittskarte. Und natürlich war da auch ein bisschen der Glanz des Doktorgrads. Ehrlich erworben, beschmutzt man seinen Namen damit ja nicht. Im Gegenteil.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Diese Frage hatte ich schon sehr früh, schon im Grundstudium, für mich entschieden.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Ich hatte das Glück, als Student von Herrn Professor Kreß eine Stelle als studentische Hilfskraft an seinem strafrechtlichen Lehrstuhl angeboten zu bekommen. Da ich im Strafrecht bleiben wollte, war mein Betreuer nach dem Examen sehr schnell gefunden. Diese Stelle bei meinem Lehrer hat mir mit Blick auf die Promotion, aber auch weit darüber hinaus, viele Türen in Wissenschaft und Praxis geöffnet, die sonst womöglich verschlossen geblieben oder zumindest weitaus schwerer zu öffnen gewesen wären.
Auf mein – auch aus strafrechtlicher Sicht – recht entlegenes Thema hat mich ein damals junger Habilitand gebracht, der in dem Schnittstellenbereich Strafrecht/Nachrichtendienstrecht einen Forschungsschwerpunkt hatte.
Wann haben Sie promoviert – nach dem ersten oder zweiten Examen? Berufsbegleitend?
Ich habe nach dem ersten Staatsexamen promoviert. Genauer gesagt, nach dem LL.M.-Studium, das ich im Anschluss an mein Staatsexamen absolviert habe. Für diese zeitliche Planung hatte ich mich zu Beginn meiner Examensvorbereitung entschieden. Rückblickend würde ich es wieder so machen, auch wenn dieser Weg durchaus seinen Preis hat: Ich habe Vieles aus dem ersten Examen in der Zwischenzeit schlicht vergessen, und die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen ist nach den vielen interessanten Jahren in Wissenschaft und Praxis nicht nur eine harte Umstellung, sondern für mich auch weitaus aufwendiger und mühsamer, als wenn ich auf dem Wissensstand unmittelbar nach dem ersten Examen ins Referendariat gegangen wäre.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Ich habe von Beginn an recht hohe Anforderungen an mich selbst gestellt – rückblickend vielleicht ein wenig zu hohe.
Inhaltlich hatte ich mir zum Ziel gesetzt, nicht nur für ein Bücherregal zu schreiben, in dem meine Dissertation später steht und verstaubt. Ich hatte den Anspruch an mich, dass meine Arbeit von mehr Personen als den beiden Gutachtern gelesen wird. Sie sollte daher einen sehr starken Praxisbezug haben und – dies mag ein wenig romantisch klingen – die Chance, auch etwas zu bewegen.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach leisten?
Eine Dissertation ist eine wissenschaftliche Arbeit. Sie sollte also, wie das Wort „Wissenschaft“ schon sagt, Wissen schaffen. Eine Doktorarbeit sollte in meinen Augen einen wissenschaftlichen Ertrag haben, also das bestehende Wissen zu einer Frage erweitern. Natürlich wird man in vielen Fragen nicht das Rad neu erfinden können. Dies muss aber auch nicht sein. Ich würde mir stets kritisch die Frage stellen: „Kann man das, was in meiner Dissertation steht, für etwas gebrauchen oder stehle ich dem Leser mit der Lektüre meiner Arbeit nur Zeit? Persönlich halte ich wenig von ‚Statuspromotionen’ ohne rechten wissenschaftlichen Ertrag. Die Idee der Promotion ist früher wie heute, so meine ich, eine andere.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Erfreulich war das mir von vielen Stellen in der Praxis signalisierte Interesse an meinem Thema, beginnend beim BND über das Bundeskanzleramt und den Generalbundesanwalt bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Dies hat mich durchaus auch motiviert, gerade in Phasen, in denen es nicht so „rund“ lief, und in denen ich auf der Stelle tappte.
Ein einschneidendes Erlebnis war, als ich in einer Verlagsankündigung einen Titel las, der meinem Arbeitstitel zum Verwechseln ähnlich war. Da hatte ich zwei Drittel meiner Arbeit schon geschrieben. Alle Sorgen lösten sich jedoch im Nu auf, als ich die Dissertation in den Händen hielt. Trotz des sehr ähnlichen Arbeitstitels gab es nur in unwesentlichen Punkten eine Schnittmenge, und selbst dort war sie gering. Was ich hiermit sagen möchte: Es kommt kaum vor, dass zwei Doktoranden unabhängig voneinander völlig Identisches schreiben. Daher – dies sehe ich allerdings erst heute so – ist die Angst, dass jemand einem zuvorkommt, in den meisten Fällen in meinen Augen unbegründet.
Promotionsstudent oder Wissenschaftler? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Ganz klar: Wissenschaftler. Hierzu hat sicherlich erheblich beigetragen, dass ich mich auch vor und während der Arbeit an meiner Promotion wissenschaftlich an anderen Fragen versucht habe. Ich glaube, dass auch mein Umfeld mich eher als Wissenschaftler wahrgenommen hat.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Ich begrüße es sehr, dass man in diesem Punkt sensibler geworden ist. Wer die „Guttenberg-Debatte“ für übertrieben hält, hat vermutlich nie selbst (ordentlich) promoviert.
Klare wissenschaftliche Standards begrüße ich daher sehr. Hier sind zunächst, so meine ich, die Universitäten und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in der Bringschuld. Sie sollten klare wissenschaftliche Standards detailliert formulieren. Ich glaube, dass viele Doktoranden hier – zu Recht – verunsichert sind. Das sehe ich an mir selbst. Die Anzahl meiner eigenen Fußnoten hat seit dem Fall Guttenberg zugenommen. Lieber eine Fußnote zu viel als eine zu wenig, habe ich mir gedacht und damit sicher auch an der ein oder anderen Stelle unnötige Fußnoten gesetzt.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Jede ordentliche Dissertation ist ein Marathon. Und nicht jeder ist der geborene Marathonläufer. Aber das Marathonlaufen kann man trainieren. Wer zu schnell losläuft, ist schnell erschöpft und bekommt die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gezeigt. Viele geben auf der Strecke auf; einige schon zu Beginn, andere, was noch viel bedauerlicher ist, nicht weit vom Ziel entfernt. Man braucht nicht immer einen tiefen Atem, aber man braucht bei einer Promotion vor allem einen langen Atem, würde ich sagen. Dabei helfen einem Neugier, die Lust am Nachdenken und Formulieren, Mut zur Kritik, Durchhaltevermögen, ein gehöriges Stück Selbstdisziplin, eine gewisse Frustrationstoleranz, die Bereitschaft während der Promotionszeit Entbehrungen hinzunehmen, die Familie, Freunde und der Partner, die einen unterstützen, und schließlich auch ein wenig die Liebe zur Wissenschaft, die einem vieles etwas einfacher macht. Wer mit diesen Charaktereigenschaften im Gepäck seine Promotionsreise antritt, dürfte auch die höchsten Berge erklimmen und nach der langen Reise zwar erschöpft, aber glücklich auf der sonnigen Insel der Promovierten ankommen – dort hat er sich dann nicht nur einen guten Cocktail mehr als verdient.
Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Ich würde ganz zu Beginn eine klare Gliederung entwerfen und für mich ein ausführliches Exposé schreiben. In diesem Zusammenhang würde ich – das halte ich für besonders wichtig – mein Thema klar begrenzen, damit die Arbeit nicht ausufert. Rückblickend würde ich mir vornehmen, nicht mehr als 250-300 Seiten zu schreiben. In diesem Umfang lässt sich, so meine ich, alles sagen. Nebensächliche Kapitel, die nur dem besseren Verständnis der Arbeit dienen, würde ich aus heutiger Sicht knapper halten; sie enthalten ohnehin oft keine eigenen Gedanken, sondern sind nur von deskriptivem Charakter. Es ist wie so oft im Leben: Im Nachhinein ist man schlauer.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Ich würde ein besonderes Augenmerk auf die Auswahl des Themas legen. Das Promotionsthema ist die halbe Miete. Ein klarer Zeitplan, der sowohl im Groben als auch im Detail einzelne „Abgabefristen“ vorsieht, ist hilfreich. Die Auswahl der Doktormutter oder des Doktorvaters sollte ebenso mit Bedacht geschehen. Hier sollte sich jeder selbst zunächst fragen, in welcher Intensität er sich eine Betreuung wünscht bzw. meint, sie zu benötigen. Denn so individuell jede Professorin und jeder Professor ist, so unterschiedlich sind auch ihre Betreuungsstile. Als besonders hilfreich habe ich es daneben empfunden, Gesprächspartner zu finden, mit denen ich mich neben meinem Doktorvater über ganz unterschiedliche Einzelfragen meines Themas austauschen konnte. Und schließlich, und das ist ganz wichtig: Ich kenne kaum jemanden, der nicht auch mal eine „Hängepartie“ während der Promotionszeit hatte. Wenn die Lust an der Arbeit zeitweilig entschwunden ist und man sich einfach nicht motivieren kann, und das passiert den meisten irgendwann, oft auch mehrmals, würde ich mich rückblickend nicht am Schreibtisch quälen und über den mangelnden Fortschritt ärgern. – In einen Urlaub, den man ohne schlechtes Gewissen antritt, ist diese Zeit weitaus besser investiert. Erholt, gestärkt und idealiter sonnengebräunt zurück am Schreibtisch findet man den Ariadnefaden im Dissertationslabyrinth weitaus schneller wieder.
Dr. Anna Müller
Dr. Anna Müller
Dr. Anna Müller wurde für ihre Dissertation zum Thema „Die «Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe» als zentrales Verfolgungsmotiv des Flüchtlingsbegriffs im Lichte des rechtsnormativen Mehrebenensystems“ mit dem CBH-Promotionspreis 2014 für öffentliches Recht ausgezeichnet.
Dr. Piero Sansone
Dr. Piero Sansone promovierte zum Thema "Gleichstellung von Leiharbeitnehmern nach deutschem und Unionsrecht" bei Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich Preis, für den er auch als wissenschaftliche Hilfskraft tätig war. Im Sommersemester 2010 wurde seine Arbeit als Dissertation angenommen. Sie wurde mit dem Küttner-Promotionspreis für Arbeitsrecht der Universität zu Köln 2011 sowie dem Ehrhardt-Imelmann-Preis 2013 ausgezeichnet.
Dr. Piero Sansone arbeitet inzwischen als Rechtsanwalt im Kölner Arbeitsrechtsteam der Kanzlei GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB.
Was waren Ihre Beweggründe für die Promotion? Warum haben Sie sich für die Promotion entschieden?
Schon während des Studiums habe ich gemerkt, dass mir wissenschaftliches Arbeiten Spaß macht. Außerdem wollte ich nach dem Ersten Staatsexamen die Möglichkeit nutzen, mich vertieft mit dem Fachgebiet auseinanderzusetzen, das mich schon im Studium besonders interessiert hat.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Zum ersten Mal kam bei mir der Wunsch, zu promovieren, während des Schreibens einer Seminararbeit für das Wahlfach Arbeitsrecht auf.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Im Rahmen des Wahlfachstudiums lernte ich meinen späteren Doktorvater Prof. Preis kennen, bei dem ich nach dem Ersten Staatsexamen promotionsbegleitend arbeiten konnte. Auf das Promotionsthema bin ich dann in Gesprächen mit einem Freund, der ebenfalls am Institut von Prof. Preis tätig war, gekommen.
Wann haben Sie promoviert – nach dem ersten oder zweiten Examen? Berufsbegleitend?
Ich habe nach dem Ersten Staatsexamen mit meiner Dissertation begonnen und promotionsbegleitend am Institut von Prof. Preis gearbeitet.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Ich wollte gerne zu einem aktuellen Thema schreiben, das gesellschaftspolitische Bedeutung und einen praktischen Bezug hat. Mein Promotionsthema aus dem Recht der Leiharbeit, die in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wird, hat es mir ermöglicht, nicht nur bereits „gesetztes“ Recht, sondern auch die damals noch umzusetzende Richtlinie über Leiharbeit zu untersuchen. Hier fand ich die Herausforderung besonders spannend, die Auswirkungen der noch wenig beleuchteten Richtlinie auf das deutsche Recht herauszuarbeiten und konkrete Lösungsvorschläge für eine Umsetzung ins deutsche Recht machen zu können.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach leisten?
Das lässt sich m.E. nicht pauschal beantworten, sondern hängt auch vom konkreten Thema ab. Jedenfalls sollte eine Dissertation den jeweiligen Meinungsstand vollumfänglich erfassen und würdigen. Optimal wäre es, wenn sie darüber hinaus neue Aspekte und Erkenntnisse in die wissenschaftliche Debatte einbringen kann.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Nach dem bei Juristen doch recht stark strukturierten und zeitlich durchgeplanten Studium fand ich es besonders angenehm, mich mit einem Thema meiner Wahl ohne zeitliche Vorgaben umfassend auseinandersetzen zu können.
Promotionsstudent oder Wissenschaftler? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Als Promotionsstudent habe ich mich mit einem wissenschaftlichen Thema befasst. Darüber, ob ich dabei als Wissenschaftler wahrgenommen wurde, habe ich mir keine Gedanken gemacht.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Die Diskussion um die Einhaltung der Standards des wissenschaftlichen Arbeitens ist wichtig und hat ihre Berechtigung. Allerdings halte ich es für wesentlich, dass diese Debatte auch inhaltlich und losgelöst von einzelnen Personen geführt wird.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Durchhaltevermögen und Selbstdisziplin waren bei mir jedenfalls „gefühlt“ am meisten gefordert. Die Fähigkeit zum eigenständigen und kreativen Arbeiten ist aber sicher mindestens genauso wichtig.
Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Rückblickend glaube ich, dass ich öfter den Mut hätte haben sollen, weniger tief in bestimmte wissenschaftliche Streitigkeiten einzusteigen, die nicht die absoluten Kernthemen der Dissertation betroffen haben.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Ich würde empfehlen, besonders sorgsam bei der Wahl des Themas vorzugehen. Das Thema sollte nicht zu umfangreich sein, sondern sich gut ein- und abgrenzen lassen. Bevor man mit dem Schreiben beginnt, scheint es mir ratsam zu sein, bereits eine Gliederung und ggfs. ein Exposé entworfen zu haben.
Dr. Björn Schiffbauer
Dr. Björn Schiffbauer promovierte zum Thema "Vorbeugende Selbstverteidigung im Völkerrecht" bei Prof. Dr. Claus Kreß LL.M., für den er auch als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Im Wintersemester 2010/2011 wurde seine Arbeit als Dissertation angenommen. Sie wurde mit dem Osborne Clarke Preis für Internationales Recht 2012 sowie dem Ehrhardt-Imelmann-Preis 2013 ausgezeichnet.
Dr. Björn Schiffbauer arbeitet inzwischen als Akademischer Rat am Institut für Völkerrecht und ausländisches Öffentliches Recht bei Prof. Dr. Bernhard Kempen.
Was waren Ihre Beweggründe für die Promotion? Warum haben Sie sich für die Promotion entschieden?
Ich habe während meines Studiums ein besonderes Interesse für das Völkerrecht entwickelt. Nach dem Examen wollte ich mich unbedingt vertieft mit dieser spannenden Rechtsmaterie beschäftigen und war zugleich neugierig auf das wissenschaftliche Arbeiten. Die Chance, mich längerfristig mit einem begeisternden Thema zu befassen, wollte ich im Rahmen der Promotion nutzen.
Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Erste Gedanken an eine Promotion entwickelten sich während meines Schwerpunktbereich-Studiums im Völkerrecht. Als absehbar wurde, dass ich die formellen Voraussetzungen zur Promotion erfüllen könnte, wusste ich, dass ich dies auch nutzen wollte.
Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Den Kreis möglicher Betreuer kannte ich schon aus dem Schwerpunktbereich-Studium. Ich habe daraus meinen späteren Betreuer auf mein Promotionsvorhaben angesprochen. Dann haben wir uns gemeinsam über geeignete Themen ausgetauscht, woraus sich schließlich mein Dissertationsthema herauskristallisierte.
Wann haben Sie promoviert – nach dem ersten oder zweiten Examen? Berufsbegleitend?
Ich habe nach dem ersten Examen promoviert und zugleich auf einer halben Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet.
Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Ich hatte den Anspruch, mein Thema möglichst umfassend zu beleuchten und gerade solche Aspekte aufzugreifen, die ich zuvor in der Literatur vermisst hatte.
Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach leisten?
Eine Dissertation sollte neue wissenschaftliche Erkenntnisse liefern und den wissenschaftlichen Diskurs beflügeln.
Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv wie negativ) empfunden?
Ich habe es genossen, mich völlig unabhängig mit einem Thema meiner Wahl auseinandersetzen zu dürfen.
Promotionsstudent oder Wissenschaftler? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Ich habe mich selbst zunächst als Promotionsstudent gesehen, weil die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten ja erst durch die Dissertation nachgewiesen wird. Im Laufe der Zeit wurde ich aber wohl auch mehr und mehr als Wissenschaftler wahrgenommen.
Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Ich halte die Diskussion für äußerst wichtig, weil die Akzeptanz der Promotion als solcher - unabhängig von der Qualität einer einzelnen Arbeit - nur aufrecht erhalten werden kann, wenn die Standards wissenschaftlichen Arbeitens eingehalten werden.
Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Ich meine, als Doktorand_in benötigt man u.a. Begeisterungsfähigkeit für ein Thema, Beharrlichkeit und ein gewisses Feingefühl für systematische Strukturen.
Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, was ich aus heutiger Sicht wesentlich anders machen würde.
Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Ich empfehle, sich zunächst intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich insbesondere einen soliden Grundstock an Expertenwissen anzulesen. Nach und nach ergeben sich daraus viele Gedanken, die die spätere Arbeit tragen können. Erst wenn man ein Grundkonzept vor Augen hat und weiß, in welche Richtung die Arbeit laufen soll, lohnt es sich, mit dem Schreiben des Manuskripts zu beginnen.
Dr. Tobias Voigt
Dr. Tobias Voigt promovierte über „Individuelle Gesundheitsleistungen im Rechtsverhältnis von Arzt und Patient“ bei Prof. Dr. Christian Katzenmeier, für den er auch als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Im Wintersemester 2012/2013 wurde seine Arbeit als Dissertation angenommen. Sie wurde mit dem Erhardt-Imelmann-Preis 2013 sowie dem Adolf-Laufs-Medizinrechtspreis 2014 ausgezeichnet.
Dr. Tobias Voigt habilitiert sich inzwischen als Akademischer Rat am Institut für Medizinrecht bei Prof. Dr. Christian Katzenmeier.
1. Was waren Ihre Beweggründe/Motivation für die Promotion? Warum haben Sie sich für die Promotion entschieden?
Die Promotion bietet hervorragende Gelegenheit, sich nach dem intensiven und auch erschöpfenden Lernen für die erste (oder zweite) Staatsprüfung endlich einmal selbständig mit einem interessanten juristischen Thema eingehender zu beschäftigen. Mehr als in anderen Ausbildungsabschnitten erlaubt die Dissertation, der eigenen Neugier in einem selbstgewählten Kontext zu folgen und der Arbeit (in Aufbau, Stil und Schwerpunktsetzung) auch eine persönliche Note zu verleihen. Ich habe promoviert, weil ich mit der Aussicht auf einen attraktiven akademischen Grad das enge Korsett des Studienplans ablegen und etwas Eigenes auf die Beine stellen konnte.
2. Wann wussten Sie, dass Sie promovieren möchten?
Im Grundstudium gab es früher noch mehr als heute freiwillige Seminare, bei denen Interessierte sich selbst eines zahlreicher ausgeschriebener Themen zur Bearbeitung aussuchen konnten. Der besondere Reiz bestand darin, sich statt des üblichen passiven Lernkonsums einmal aktiv mit einer fachlichen Problematik auseinanderzusetzen und sich anschließend in der Gruppe lebendig darüber auszutauschen. Der Besuch solcher Seminare zeigte, dass es sehr herausfordernd und gewinnbringend ist, sich individueller als in Klausuren und Hausarbeiten mit größeren juristischen Zusammenhängen zu beschäftigen und eigene Gedanken anderen verständlich und nachlesbar zu machen. Schon damals konnte ich mir vorstellen, später auch zu promovieren. Die Gewissheit kam nach dem Examen, als auch die Rahmenbedingungen sich günstig erwiesen.
3. Wie haben Sie Thema und Betreuer für Ihre Dissertation gefunden?
Schon als Student war ich bei Professor Katzenmeier am Institut für Medizinrecht beschäftigt, der sich auch als Doktorvater gewinnen ließ. Nach einer Phase allgemeiner Einarbeitung in arztrechtliche Fragen – und dank der Kontakte des Instituts in die Berufspraxis – fand (m)ich bald mein Promotionsthema.
Wann haben Sie promoviert – nach dem ersten oder zweiten Examen? Berufsbegleitend?
Nach der ersten Staatsprüfung. Neben der Promotion war ich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizinrecht tätig.
4. Welchen Anspruch hatten Sie an die eigene Dissertation?
Die Arbeit soll einen Themenkomplex möglichst sachlich und verständlich darstellen, der zuvor in umfassender Weise noch nicht durchdrungen war. Das Medizinrecht als juristische Querschnittsmaterie mit Nähe zur medizinischen Berufspraxis und der äußerst kontroversen Gesundheitspolitik bringt dabei den Anspruch mit sich, dass auch Fachfremde die Zusammenhänge nachvollziehen können. Auch bei solcher transdisziplinären Wahrnehmung soll die Dissertation gleichwohl juristisch-dogmatischen Erwartungen an eine wissenschaftliche Abhandlung gerecht werden. Schließlich wollte ich neben der themenspezifischen Darstellung und Anwendung allgemeiner Erkenntnisse das geltende Recht problembezogen bewerten und eigenständige Lösungsansätze für ausgemachte Problemfelder entwickeln.
5. Was sollte eine Dissertation Ihrer Meinung nach leisten?
Sie soll prägnant und umsichtig ein lebensnahes Problem analysieren, eingängig die relevanten normativen Bezugspunkte herstellen und strukturieren, dazu problembezogen jeweils fundiert den aktuellen Stand der Rechtswissenschaft darstellen und kritisch hinterfragen sowie idealerweise schließlich originelle eigene Ideen entwickeln oder neue normative Zusammenhänge erschließen.
6. Was haben Sie während der Zeit, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, als besonders prägend (positiv und negativ) empfunden?
Ich habe, auch beschäftigungsbedingt, einige Zeit für die Dissertation gebraucht. In konkreter Hinsicht ist mir dabei positiv aufgefallen, dass sich bestimmte normative Zusammenhänge nur (oder besser) erschließen lassen, wenn man sie länger im Unterbewusstsein verarbeitet hat. Manche Erkenntnisse und gute Ideen kommen irgendwann von ganz allein, sie lassen sich nicht mit einem festen Zeitplan verordnen.
Eher generell geprägt haben mich praktische Erfahrungen bei der Entstehung der Arbeit. Ziemlich zu Beginn der Dissertation durfte ich einmal Zwischenergebnisse im Kreis von Berufspraktikern vorstellen. Dabei hat mich erstaunt, zu sehen, wie detailliert einerseits unser Leben theoretisch durchnormiert ist, wie grob (oder unzutreffend) die Alltagspraxis aufgrund mangelnder Kenntnis das Recht aber wahrnimmt und umsetzt. Die Examina verlangen von uns Rechtskunde in unermesslicher Stofffülle, während das wahre Leben und (Rechts-)Politik oft ganz eigenen Abläufen, Fakten und pragmatischen Überzeugungen folgt. Schnell war zu merken, dass reine Rechtsanwendung und Rechthaberei nicht weit tragen. Wir müssen immer wieder aufs Neue ganz gelassen für das Recht werben. Dass es in der Lebenswirklichkeit kein Selbstläufer und der Rechtsstaat fragil ist, muss man als Hochschulabsolvent in der Berufswelt erst lernen und dazu viel Demut aufbringen.
7. Promotionsstudent/in oder Wissenschaftler/in? Wie haben Sie sich selbst als Doktorand/in eingeschätzt? Und wie hat Ihr Umfeld Sie wahrgenommen?
Um meine Außenwahrnehmung habe ich mir keine Gedanken gemacht, sondern mich auf die Arbeit konzentriert. Solange die Dissertation nicht fertiggestellt ist, muss sie doch allen als hoffnungsfrohes Vorhaben gelten – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Selbst im Nachhinein nehme ich mich als Promotionsstudent wahr. Auch wenn ein solcher wissenschaftliche Verantwortung trägt, entscheidet über seine fachliche Wahrnehmung nicht er selbst. In Zeiten unübertroffenen Informationsüberflusses muss es als großes Glück oder Zufall gelten, wenn die Dissertation rezipiert wird. Das ist aber nicht schlimm – letztlich bleibt es eine Qualifikationsschrift. Sie kann einen Forschungsbeitrag leisten, auch ohne später Teil des wissenschaftlichen Diskurses zu werden.
8. Wie sehen Sie die in Deutschland gegenwärtig anhaltende Diskussion, die um die Dissertation und die Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitsstandards geführt wird?
Wie häufig in der öffentlichen Debatte lässt sich der Diskussionsgegenstand nur schwer konturieren. Steht wirklich die Akzeptanz des Doktorgrades schlechthin in Frage oder geht es um Missbilligung einzelner Missbrauchsfälle? Bedarf handwerklich schlechte Arbeit tatsächlich einer Sanktion oder soll eine Gesinnung des Promovierens allein aus merkantilem Interesse am Doktorgrad als verwerflich gebrandmarkt werden? Schließlich: Ist die Funktionsfähigkeit der Wissenschaft in Gefahr oder lediglich das Anstandsgefühl des aufgewühlten „Normalverbrauchers“ berührt? Mit allgemeiner Empörung ist der Sache kaum Rechnung zu tragen. Gäbe es klar normierte wissenschaftliche Arbeitsstandards, deren Beachtung sich gutachterlich mit einiger Gewissheit feststellen ließe, wäre jede Übertretung zweifellos ein Skandal. Allein: Es fehlt an solchen verbindlichen Regeln oder an der erforderlichen Klarheit. Deshalb ist eine überzeugende Positionierung schwer möglich, wie im weiteren Zusammenhang übrigens auch das andauernde Ringen um Open Access, Urheber-, Verlags- und Verwertungsrechte zeigt.
Unabhängig davon halte ich es für eine verbindliche ethische Obliegenheit jedes Doktoranden, seine Arbeit redlich anzugehen und niederzulegen. Wer erfolgreich wissenschaftlich rezipiert werden will, muss originell sein. Solche Originalität lässt sich aber durch keine Arbeitsstandards verordnen, weshalb es immer „gute“ und „schlechte“ Dissertationen geben wird. Ob schlechte Dissertationen wirklich so viel Schaden anrichten, wie gemeinhin behauptet, ist schwer erweislich. Eine gute Dissertation dürfte hingegen so viel Originalität mitbringen, dass sie auch keines prüfungsamtlichen Gütesiegels bedarf. Über den Erfolg einer Arbeit in Wissenschaft und Fachwelt entscheiden letztlich keine kleinteilig-subsumtionsfähigen Indikatoren, sondern die Fachwelt selbst.
9. Über welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte man als Doktorandin bzw. Doktorand Ihrer Meinung nach verfügen?
Neugier, Besonnenheit, Ausdauer, Empathie, (auch Selbst-)Zweifel, Kritikfähigkeit und Mut.
10. Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Auch wenn ich oben dafür plädiert habe, sich für die Dissertation ausreichend Zeit zu lassen: Die Arbeit „mit ins Referendariat zu nehmen“, ist ein großer Fehler, vor dem ich warnen möchte. Auch, wenn es „nur noch die Zusammenfassung“ zu schreiben gilt. Weder die Dissertation, das Referendariat noch man selbst gewinnt unter einer solchen Vielfachlast.
11. Was würden Sie jemandem empfehlen, der gerade am Anfang des Promotionsvorhabens steht?
Als Promotionsthema eignet sich in der Rechtswissenschaft alles und nichts. Die Ausbreitung eines einzigen Tatbestandsmerkmals kann bei gelungener Darstellung genauso vielversprechend sein wie eine rechtsvergleichende Analyse eines ganzen Rechtsgebietes. Überlegen Sie also, welche fachlichen Fragen Sie sich schon immer gestellt haben; wo Unklarheiten der Rechtsanwendung Sie besonders nachdenklich gestimmt haben; ob Sie sich in Neuland vortasten, um es für sich und andere wegbar zu machen.
Fremde Dissertationen, die Ihnen auf den ersten Blick gefallen, können Hinweise auf eine gekonnte Herangehensweise geben. Schauen Sie sich ein paar Dissertationen an und überlegen kurz, ob Ihnen die Gliederung gefällt und die Lektüre der Zusammenfassung Lust auf einen tiefergehenden Einstieg in das Thema weckt. Achten Sie auf Art, Breite oder Tiefe der Darstellungen. Genauso, wie Sie dieser erste Eindruck abschreckt oder anzieht, wird es später den Lesern und vermutlich auch Gutachtern Ihrer Arbeit gehen.
Nun lassen Sie sich von gelungenen Arbeiten inspirieren. Gliedern Sie Ihr Vorhaben mit Bedacht und nicht zu ausschweifend. Beim Schreiben gilt es, sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen, dabei aber zu versuchen, die Arbeit immer auch aus der Distanz eines Unvoreingenommenen oder späteren Lesers zu sehen. Je mehr Sie Ihre Zielgruppe im wissenschaftlichen Kontext sehen, desto mehr Vorkenntnisse dürfen Sie als bekannt voraussetzen und müssen Sie nicht wiederholen. Wenn Sie unsicher sind, können Sie Grund- und Zusatzinformationen im Fußnotenapparat unterbringen. Achten Sie auf einen packenden Lesefluss, auch wenn Jura keine Belletristik ist. Damals wie heute erweist sich schließlich als zutreffend: „Und minder ist oft mehr.“ (Wieland, Der teutsche Merkur, Neujahr 1774).